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Ein Mann namens Edgar holte mich vom Flughafen ab. Er konnte nicht direkt bis vor
den Ausgang fahren, weil er nicht für ein offizielles Taxiunternehmen arbeitete. Also rief
er mich auf dem Handy an, um mir zu sagen, dass er auf der gegenüberliegenden Seite der
zweispurigen Straße auf mich warte. Als er mich und meinen Rollkoffer über die dicht be-
fahrene Straße zu sich hinüberdirigierte, kam ich mir vor wie in einem Frogger-Spiel im
echten Leben. Er hielt ein Schild hoch, auf dem Karlos Piklington stand. Ich machte mir
nicht die Mühe, ihn zu korrigieren. Ich habe sogar auch schon zu Hause in England diverse
Variationen meines Namens gelesen: Pillington, Pilockton, Pillickington und Dilkington -
warum sollte ich also ausgerechnet ihm einen Vorwurf deswegen machen?
Edgars Wagen war in einem erbärmlichen Zustand. Und er hatte einen Hund dabei - al-
lerdings keinen von einer Rasse, die ich bei einem Mann wie Edgar erwartet hätte. Es war
ein Chihuahua, der Jack hieß. Und Jack war definitiv hyperaktiv. Wenn er gerade mal nicht
über mich drübersprang und nach meinem Arm schnappte, würgte er Fellbüschel hervor.
Das Problem mit Chihuahuas ist ja, dass sie diese hervorstehenden Augen haben. Es sah
also immer gleich so aus, als würde er jeden Moment ersticken, auch wenn das gar nicht
der Fall war. Edgar erzählte mir, dass der Hund ursprünglich ein Geschenk für seine Mut-
ter gewesen sei, die ihn jedoch Edgar zur Pflege überlassen habe. Als die Mutter meiner
Mum starb, mussten wir uns um ihren Hund kümmern, irgendetwas Pudelartiges, der der-
art verwöhnt worden war, dass er sich bei uns nie richtig wohlfühlte, weil wir einfach nicht
die Zeit hatten, uns ordentlich um ihn zu kümmern. Am Ende sah er auch nicht mehr allzu
gut aus, nachdem er unter unser Auto gekrochen war und sich von oben bis unten mit Öl
bekleckert hatte. Dann wurde er auch noch angefahren und lief von diesem Zeitpunkt an
seitwärts wie ein Krebs. Außerdem begann er immer, erbärmlich zu jaulen, wenn die Titel-
musik von Coronation Street aus dem Fernseher ertönte. Vielleicht erinnerte ihn die Musik
an die Mum meiner Mum, die ein großer Coronation-Street- Fan gewesen war. Irgendwann
ließ mein Dad ihn einschläfern. Über die Weihnachtsfeiertage war beinahe rund um die Uhr
Coronation Street im Fernsehen gelaufen, und das Gejaule hatte ihn fast wahnsinnig ge-
macht.
Edgar plauderte in einem fort, wie so viele Fahrer, nur dass seine Aufwärmfragen sich
nicht um Fußball oder Politik drehten, sondern um die Beschaffenheit des Hinterns meiner
Freundin. Als ich ihm sagte, dass der Hintern meiner Freundin eine Menge hergebe, musste
er lachen. Suzannes Popo brach also sozusagen das Eis zwischen uns. Gute Idee eigentlich.
Ich sollte das auch mal an anderen Leuten ausprobieren, zum Beispiel wenn es zu peinli-
chen Gesprächspausen kommt.
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