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aus; ich war so erledigt, dass ich überall hätte schlafen können. Ich fragte Mr. Moham-
med, wann die Menschen hier denn ins Bett gingen, und er antwortete, sie würden ganz
sicher heute Abend länger aufbleiben, weil sie ihrem Gast ein Unterhaltungsprogramm bie-
ten wollten. Ich entgegnete, sie sollten sich bitte meinetwegen keine Umstände machen,
und wir könnten doch einfach schlafen gehen, aber er wandte ein, dass Saba ein Essen vor-
bereitet habe.
Während Saba das Abendessen anrichtete, saß der Rest der Familie herum und rauchte
etwas, das ihre Augen ganz groß werden ließ. Ich dachte zuerst, es wären Drogen, aber an-
geblich war es nur starker Tabak. Mr. Mohammed bot auch mir als Ehrengast etwas davon
an, aber ich lehnte dankend ab. Er meinte, das sei eine Beleidigung für Saba und werde ihn
vor den Kopf stoßen, aber ich erklärte ihm, dass ich Nichtraucher sei und nicht gedenke, in
meinem Alter daran noch etwas zu ändern. Irgendwie hatte ich den Eindruck, dass wir uns
einig waren.
Dann kam das Essen - in Form einer riesigen Servierplatte mit einem Tierschädel in der
Mitte und Reis und milchigen Soßen drumherum. Das Ganze nannte sich Mansaf. Ich pro-
bierte ein wenig davon, weil ich nicht unhöflich sein wollte, aber es schmeckte mir nicht.
Ich mag Fleisch, wenn es gut durchgebraten ist, und dieses hier war alles andere als durch.
Dann erklärte mir Mr. Mohammed, Saba bestehe darauf, dass der Gast - also ich - das
beste Stück zu essen bekäme: das Auge. Zwei Fragen schossen mir durch den Kopf. Wie
konnte ich vermeiden, das Auge essen zu müssen? Und welches Tier hatte nur ein Auge?
Mr. Mohammed gab erneut zu bedenken, dass ich Saba beleidigen würde, wenn ich das
Auge ablehnte. Andererseits hatte ich den Eindruck, dass wir ohnehin keine Freunde mehr
würden, seit ich seinen Tabak verschmäht hatte. Warum sollte ich mir also noch Mühe ge-
ben? Ich warf das Auge heimlich einer Katze zu, die um das Zelt herumschlich.
Bevor wir uns schlafen legten, bat ich Mr. Mohammed, am kommenden Morgen nicht
mehr allzu lange hierzubleiben, weil ich glaubte, dass Saba mich nicht leiden konnte. Mr.
Mohammed sagte daraufhin, dass Saba entsetzt darüber gewesen sei, dass ein Mann in mei-
nem Alter mit einem sechzehnjährigen Mädchen zusammen wäre. Das Ganze war also ein
Missverständnis. Ich hatte ihm im Auto erzählt, dass ich seit sechzehn Jahren mit Suzanne
zusammen war.
FREITAG, DEN 28. MAI
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