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Auf dem Weg nach unten, wo ich die anderen treffen wollte, lief ich dem Hotelbesitzer in
die Arme. Keine Ahnung, ob er vor meiner Tür gelauert hatte, um mich zu fragen, ob alles
in Ordnung sei, oder ob er jetzt gleich Klavierunterricht hatte. Er war Ende sechzig und sah
zwar müde, aber irgendwie auch aufgeweckt aus. Und er erzählte mir ganz begeistert, dass
Michael Palin auch schon hier übernachtet hatte. Wenn Palin in solchen Hotels abgestiegen
ist, wundert es mich nicht, dass er die Welt in achtzig Tagen umrundet hat. Er wollte be-
stimmt einfach nur so schnell wie möglich wieder nach Hause.
Dann stellte der Besitzer mir seinen Vater vor, der bestimmt schon weit über neunzig war.
Ich wünschte, ich wäre ihm nicht begegnet. Es hätte mir die Bitte um ein besseres Zimmer
enorm erleichtert.
Um 16 Uhr bestellten wir Essen. Die meisten von uns entschieden sich für Hühnchen-
spieße, außer Jan, unser Kameramann, der einer der abgehärtetsten Reisenden in der Grup-
pe ist. Als wir auf der Busfahrt zum Hotel über unsere schlimmsten Reiseziele gesprochen
hatten, hatte ich eine ziemlich grässliche Woche auf Lanzarote erwähnt - und Jan drei Mo-
nate in der Antarktis.
Um 17.30 Uhr kam endlich das Essen. Um genau zu sein, hatte es schon um 17.22 Uhr
die Küche verlassen, aber auch die Bedienungen waren schon ziemlich alt und krochen im
Schneckentempo aus der Küche bis an unseren Tisch.
Anschließend ging ich ins Bett. Zum Einschlafen zählte ich das Hupen der Autos draußen
vor dem Fenster.
DONNERSTAG, DEN 10. DEZEMBER
Heute Morgen habe ich Ahmed kennengelernt. Er stammt aus dieser Gegend und ist ein
Pyramiden-Experte und kennt sich auch sonst mit ägyptischer Geschichte aus. Ich hatte
schon befürchtet, dass ich ihn nicht verstehen würde, aber sein Englisch ist sogar besser als
meins. Er könnte genauso gut Ägyptisch mit mir sprechen, denn die englischen Ausdrücke,
die er verwendet, rauschen komplett an mir vorbei. Eines der Wörter war »Tintinnabulati-
on«, was wohl so viel bedeutet wie Geklingel oder Geklimper.
Er hat mich in eine Moschee mitgenommen. Gebete und Religion sind in Ägypten offen-
bar eine echt große Sache. Ahmed betet fünf Mal am Tag. Ich könnte das im Leben nicht
einhalten, wenn ich hier wohnen würde. Ich komme ja schon mit meinen fünf Portionen
Obst am Tag ins Schleudern. Religion hat in meinem Leben nie eine große Rolle gespielt.
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