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Heute haben wir schon wieder eine große Mauer besichtigt. Sie war gigantisch hoch und
so lang, dass man das Ende nicht erkennen konnte. Sie trennt Israel von Palästina. Diese
Mauer ist wirklich grässlich, sie besteht aus Betonplatten mit Stacheldraht obendrauf. An
einem Grenzübergang musste ich meinen Pass vorzeigen.
Auf der anderen Seite traf ich einen Palästinenser namens Kais, der mich nach Bethlehem
mitnahm. Er zeigte mir eine Kirche und die Stelle, an der angeblich Jesus geboren worden
war.
Kais hatte ein paar Flöten in der Tasche. Der Legende nach hatten die Schäfer, die bei der
Geburt Jesu anwesend waren, Flöten dabei. Der Aufseher der Kirche verbot uns jedoch,
Flöte zu spielen. Ein Glück! Flöten sind meines Erachtens die schrecklichsten Musikinstru-
mente überhaupt.
Wir mussten eine Weile warten, um die Geburtsstelle besichtigen zu können. Immer wie-
der rückten die Leute ein Stück voran. Viele waren in Tränen aufgelöst. Einige legten Ro-
senkränze und Kreuze an der Stelle ab, ein Mann legte sein Handy dorthin, als würde er
darauf spekulieren, dass sich der Akku auflüde. Ich habe keine Ahnung, wie sie darauf
kommen, dass es genau diese Stelle gewesen sein muss. Meine Mutter kann sich nicht ein-
mal mehr an die Zimmernummer im Krankenhaus von Wythenshawe erinnern, in dem sie
mich zur Welt brachte, und da war sie immerhin persönlich anwesend. Ich habe also mei-
ne Zweifel. Und dann war es auch nicht annähernd so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Ich
hatte mit einer kleinen Hütte und Stroh und einer Krippe gerechnet, aber es sah eigentlich
eher nach einer Feuerstelle aus.
Weil ich nicht religiös bin, hat mir dieser Besuch nicht wirklich was bedeutet. Aber wenn
ich irgendwann mal eine Weihnachtskarte mit einer Krippenszene vorne drauf kriege, kann
ich von nun an wenigstens behaupten, dass ich da war.
Auf dem Heimweg entdeckte ich ein Graffiti von Banksy an der grässlichen Mauer. War
ja klar, dass er es hier toll finden würde.
MITTWOCH, DEN 26. MAI
Endlich sind wir in Jordanien. Es war eine verflucht lange Reise. Stundenlang fuhren wir
durch Niemandsland, bis wir schließlich am Toten Meer ankamen. Im Reiseführer hatte ich
davon schon Bilder gesehen. Eins davon hatte einen Mann gezeigt, der aufgrund des ho-
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