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Sei's drum. Ich hatte nicht wirklich die Wahl, also stieg ich erst unter die Dusche und
anschließend in unseren Kleinbus. Luke erwähnte mit keiner Silbe, wo es hingehen sollte.
Nach einer Weile bog der Bus in eine Art Trainingslager ein. Ich stieg aus und wurde von
einem Mann namens Ronan begrüßt. Wir plauderten gerade über meinen Israelaufenthalt,
als plötzlich ein Auto mit quietschenden Reifen neben uns hielt, zwei oder drei (vielleicht
waren es auch vier) Männer heraussprangen und mich zu Boden stießen. Dann stülpten sie
mir einen Sack über den Kopf und knoteten meine Hände hinter dem Rücken zusammen.
Sie warfen mich hinten in den Wagen, setzten sich auf mich drauf und zogen die Kabelbin-
der um meine Handgelenke noch ein bisschen fester zu. Sie schnitten mir in die Haut. Als
das Auto losfuhr, knallte ich mit dem Kopf gegen den Radlauf, immer wieder, und wäh-
renddessen schrie ein Typ in einer Sprache auf mich ein, die ich nicht verstehen konnte. In
diesem Moment machte sich auch mein Weisheitszahn wieder bemerkbar.
Eigentlich dachte ich immer, ich wäre ganz gut darin, mich in brenzligen Situationen sou-
verän zu verhalten. In Piccadilly Gardens in Manchester hat ein Penner mal versucht, mir
meine Sportschuhe zu klauen. Ich tat einfach so, als wäre ich total durchgeknallt, und er
gab auf. Aber hier hinten in diesem Wagen irgendwo in Israel konnte ich aufgrund der
Sprachbarriere noch nicht mal das ordentlich tun. Ich war komplett hilflos.
Irgendwann wurde ich aus dem Wagen gezerrt, in eine Baracke geschleift und auf einen
Stuhl gedrückt, und dann schrie ein anderer Typ auf mich ein, diesmal allerdings auf Eng-
lisch: »Für wen arbeitest du? Die Telefonnummer, aber dalli!«
Ich gab ihm den Namen meines Chefs, Richard Yee vom Fernsehsender daheim in Lon-
don. Seine Durchwahl wusste ich natürlich nicht. Wer merkt sich denn heutzutage noch Te-
lefonnummern? Man muss sich keine Nummern mehr merken, man speichert sie schließ-
lich in seinem Handy. Noch nicht mal meine eigene Festnetznummer kenne ich auswendig,
weil ich ja so gut wie nie bei mir daheim anrufe. Generell nutze ich den Festnetzanschluss,
selbst wenn ich daheim bin, höchst selten. Meistens gehe ich noch nicht mal dran, wenn es
klingelt, weil es normalerweise immer dieselbe Frau ist, die ihren Hausarzt sprechen will.
Wir haben ungefähr fünf Nachrichten von ihr auf unserem Anrufbeantworter: dass ihr Hals
immer noch entzündet ist, dass der Ausschlag immer noch da ist. Vielleicht hat es bei dem
berühmt-berüchtigten Dr. Shipman auch so angefangen, und der hatte am Ende Hunderte
von Patienten auf dem Gewissen.
Nach einer gefühlten halben Stunde (angeblich waren es nur fünf Minuten) wurde mir
der Sack vom Kopf gezogen, und da waren Luke und Ben und Jan, unser Kameramann,
und Freddie, der Tontechniker … Ich hatte in meiner Panik komplett ausgeblendet, dass
wir hier bei Dreharbeiten für eine Fernsehserie waren.
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