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lich so einen Sarg zimmern ließen, würde meine Mutter ihn in null Komma nichts mit Nip-
pes füllen. Sie stellt das allerkleinste Fleckchen im Handumdrehen voll mit irgendwelchem
Plunder. Andererseits könnte man den Sarg aber auch genauso gut als überdimensionalen
Blumenkasten benutzen, den Deckel wegstellen und die Kiste bepflanzen, bis man den Sarg
eben braucht.
Während ich mich mit den Särgen beschäftigte, organisierte Krish ein Mittagessen bei ein
paar Einheimischen. Als Dankeschön für das Essen hackte ich für sie Kaminholz. Es han-
delte sich um eine Frau, ihren Ehemann, ein kleines Kind, und die Oma wohnte offenbar
auch unter ihrem Dach. Das Kind hatte eine Hose an, deren Hintern ausgeschnitten war.
Angeblich sind diese Hosen hier recht beliebt, weil die Kinder lernen, allein aufs Klo zu
gehen, bevor sie lernen, wie sie sich allein die Hose ausziehen. Und ich habe noch was
anderes über chinesische Kinder gelernt: Eltern mögen es, wenn ihre Kinder flache Hinter-
köpfe haben. Leider habe ich nicht verstanden, warum. Muss ich mal googeln, wenn ich
wieder daheim bin.
Während ich noch Feuerholz hackte, beobachtete ich, wie die Dame des Hauses irgend-
was erst in die Luft und dann auf den Boden warf - eine Kröte. Zehn Minuten später lag
die Kröte gekocht zwischen ein paar Stücken Schweinefleisch und Salat in einer Schüs-
sel. Ich nahm mir ein bisschen Schweinefleisch und Salat und betonte, wie lecker alles sei,
aber die Oma deutete wieder und wieder auf die Schüssel mit der Kröte. Ich winkte ab und
sagte, dass Schwein völlig in Ordnung sei, aber da stürzte sich die Oma geradezu auf mich
und stopfte mir ein Stück Kröte in den Mund. Das ist doch nicht normal! Beim Perfekten
Dinner sieht man so etwas jedenfalls nicht. Ich hab sie angeblafft, was wahrscheinlich ein
bisschen unhöflich war, aber ich wollte einfach nicht mit Kröte zwangsgefüttert werden.
Ich sagte ihr, dass nicht ich, sondern das Kleinkind Hilfe beim Essen brauche. Und dann
stopfte ich ihr einen Bissen in den Mund. Sie sah auch nicht besonders glücklich darüber
aus. Ich wäre nicht überrascht, wenn in Wirklichkeit überhaupt niemand in China Kröte
essen würde und wenn das Ganze lediglich ein Scherz gewesen wäre, den sich Ricky und
Steve für mich ausgedacht haben.
Nachdem wir das Dorf verlassen hatten, gingen wir noch ein weiteres Stück der Mauer
besichtigen. Etwas höher am Berg ging eine Nachricht auf meinem Handy ein. Sie kam von
Steve.
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