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Als die Bienen sich verzogen hatten, bekam ich mein Pferd zugeteilt: Espanner. Es war so
gut zugeritten, dass es beinahe vorausahnen konnte, was ich von ihm wollte. Eugene reichte
mir eine kleine Gerte, mit der ich das Pferd antreiben sollte. Aber wann immer es die Gerte
auch nur aus dem Augenwinkel sah, ging es mit mir durch. Genau das kann ich an Pferden
nicht leiden. Sie sind einfach zu groß und haben einen eigenen Kopf.
Nach ungefähr einer Stunde im Sattel und nachdem ich die ersten Tricks gelernt hatte, ver-
kündete Eugene, dass die Charros meine Fortschritte gern mit Tequila begießen wollten. Ich
bin kein großer Tequila-Fan, aber ich wollte auch nicht unhöflich sein, also nahm ich die
Einladung an. Die Charros kamen mit einer Riesenflasche zurück und gossen mir ein großes
Glas ein - mit einem Wurm darin! Ich hatte schon öfter mal Alkohol mit Insekten oder ande-
ren Viechern darin gesehen, aber immer einen großen Bogen darum gemacht. Ich hab auch
schon Skorpione und Schlangen gesehen, die in Flaschen gestopft worden waren, aber ich
dachte immer, das wäre eine besonders gewitzte Art des Betrugs, weil natürlich viel weniger
Alkohol in der Flasche ist, wenn darin noch eine riesige Eidechse schwimmt. Das machen
sie zum Beispiel in einigen Thai-Restaurants in London. Man bestellt sich einen Drink, und
sie bringen einem ein Glas voll Seetang und Kiesel, das aussieht wie ein Stück Kulisse aus
Findet Nemo.
Den Wurm zu bekommen sei eine große Ehre, erklärte mir Eugene, und dass ich ihn un-
bedingt probieren müsse, weil er überaus schmackhaft sei. Ich sagte, ich würde die Hälfte
davon essen, wenn er die andere Hälfte nähme. Erst im Nachhinein wurde mir klar, dass ein
halber Wurm fast noch schlimmer ist als ein ganzer. Als ich ihn mir in den Mund schieben
wollte, musste ich würgen, und meine Hand zitterte so stark, dass ich ihn fallen ließ.
»Kein Problem«, sagte ich. »Macht doch nichts, dass er auf dem Boden lag. Das ist doch
nur ein bisschen Erde. Ich kann ihn ja trotzdem essen.«
»Wir waschen ihn einfach ab«, schlug Eugene vor.
Na super. »Muss man darauf rumkauen, oder schluckt man ihn einfach so runter?«, fragte
ich dann.
»Natürlich zerkaust du ihn«, antwortete Eugene. »Versuch, die Aromen herauszuschme-
cken.«
»Ich hab doch überhaupt keine Ahnung, wonach so ein Wurm schmecken soll«, wandte
ich ein. »Ich weiß noch nicht mal, ob er nicht inzwischen schon schlecht geworden ist. Ver-
stehst du, was ich meine? Ich habe keinen Vergleich. Außerdem schwöre ich, dass er noch
lebt. Er hat sich gerade bewegt. Er ist einfach nur besoffen. Und schau mal, wie meine Hand
zittert. Ich kann sie überhaupt nicht stillhalten.«
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