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Protest gegen Sparpolitik
Die Kriege in den afrikanischen Kolonialgebieten waren mittlerweile beendet und die Ko-
lonien in die Unabhängigkeit entlassen worden. Schon bald zeigten sich die bevölker-
ungspolitischen Folgen, denn Portugal sah sich mit einem Strom von Rückkehrern (retor-
nados) und Einwanderern aus den ehemaligen afrikanischen Kolonien konfrontiert. In
Lissabon entstanden an den Stadträndern große Slums und illegale Viertel. 20.000
Baracken zählte die Stadtverwaltung Mitte der 80er-Jahre, als sie begann, die Elendshüt-
ten abzureißen und ihre Bewohner umzusiedeln. Das damals formulierte Ziel, die Slums
komplett zu beseitigen, wurde allerdings erst 2002 erreicht. Im Zuge der knapp 20 Jahre
dauernden Arbeiten sind allerdings mit Sozialwohnungsvierteln wie Chelas neue Ghettos
entstanden.
Im August 1988 erschütterte erneut eine Katastrophe die portugiesische Hauptstadt. Die
Bilder des verheerenden Großbrands, der im Stadtteil Chiado über 20 Gebäude, darunter
die beiden berühmtesten Kaufhäuser Lissabons, zerstörte, gingen um die ganze Welt.
Schon ein Jahr später waren die Pläne für den Wiederaufbau fertig, den der bekannteste
portugiesische Architekt Álvaro Siza Vieira leitete. Aufgrund eines langwierigen Gerichts-
verfahrens zogen sich die Arbeiten bis zur Fertigstellung im Dezember 1999 über zehn
Jahre hin. Bis dahin dienten die ausgebrannten Gebäude als Touristenattraktion - bei
Nacht angestrahlt, wirkten sie fast malerisch.
1998 präsentierte die Stadt der Weltöfentlichkeit die EXPO 98, die dem Thema „Ozeane“
gewidmet war. Aus diesem Anlass wurden große Teile des bis dahin eher ver-
nachlässigten Lissabonner Ostens rundum erneuert. Neben dem Weltausstellungs-
gelände am Tejo entstand mit der Gare do Oriente Lissabons moderner Hauptbahnhof,
der durch eine neue Metrolinie an das Lissabonner Zentrum angebunden ist. Wo vorher
die Tristesse einer Mülldeponie, eines Schlachthofs und einer alten Ölrafinerie herrschte,
steht heute ein neues Wohnviertel mit viel Grün und Tejo-Blick. Ein weiteres Großereignis
war die Fußballeuropameisterschat 2004. Dafür baute man jeweils ein neues Stadion für
die beiden Lokalrivalen Sporting und Benfica.
In den 80er- und 90er-Jahren wurde den Lokalpolitikern die Bedeutung des kulturellen
Erbes der Stadt zunehmend bewusst, sodass 1992 endlich ein Plan zum Erhalt und zur
Sanierung der historischen Bausubstanz verabschiedet wurde. Dies war bitter nötig, da
der vorherige, christdemokratische Bürgermeister Lissabons, Krus Abecasis (CDS),
großzügig Abrissgenehmigungen erteilt hatte. Sein Nachfolger, der Sozialist Jorge Sam-
paio (PS), versuchte zum ersten Mal, dem kontinuierlichen Verfall der alten Stadtviertel
entgegenzuwirken.
Einen weiteren Aufschwung erlebte die Stadterneuerung unter dem konservativen Pedro
Santana Lopes (PSD), der 2001 als Bürgermeister den glücklosen João Soares (PS)
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