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Vor der Igreja de São Domingos erinnert in der Platzmitte ein Gedenkstein an das
Judenpogrom des Jahres 1506. Damals lebten Tausende Menschen jüdischer
Herkunt in Lissabon, die sich nach der Ausweisung aller Juden und Moslems aus
Spanien hierher geflüchtet hatten. Allerdings hatte sie König Manuel I. dazu
gezwungen, den christlichen Glauben anzunehmen. Manche dieser Neuchristen
praktizierten aber das Judentum weiter im Verborgenen. Am 17. April 1506 waren
mehrere Neuchristen dabei „erwischt“ worden, wie sie ungesäuertes Brot und
koscheres Fleisch zubereitet hatten. Sie wurden festgenommen und zwei Tage
später wieder freigelassen. Als ein weiterer Neuchrist es tatsächlich wagte, das wun-
dersame Leuchten eines Reliquienschreins in einer Seitenkapelle der Igreja de São
Domingos auf eine natürliche Ursache und nicht auf die Hand Gottes zurück-
zuführen, kochte Volkes Zorn über. Er wurde direkt vor der Kirche von einer Frau er-
schlagen.
Die Dominikanermönche hatten anschließend an Ostern nichts Besseres zu tun, als
von ihrer Stammkirche Igreja de São Domingos mit einem Kreuz in der Hand auf die
Straße zu ziehen und „Häresie“ zu schreien. Schnell bildete sich ein Mob aus
Mönchen, Pöbel und Seefahrern. Sie zogen drei Tage lang durch die Stadt und at-
tackierten alle Neuchristen und auch zahlreiche mit ihnen befreundete Altchristen,
derer sie habhat werden konnten. Und dies alles während der Osterzeit, die histor-
isch immer wieder von Christen für Attacken gegen Juden genutzt wurde: mit dem
absurden Argument, die Juden hätten Jesus (selbst ein Jude) getötet.
Am Ende des Gemetzels waren am 21. April zwischen zwei- und viertausend
Menschen tot. Straflos kamen viele der Mörder aber in diesem Fall - ein Gegensatz
zu anderen Judenpogromen - nicht davon. König Manuel I. ließ die Anführer hin-
richten. Der New Yorker Schritsteller Richard C. Zimler hat die Ereignisse in seinem
Roman „Der Kabbalist von Lissabon“ verarbeitet.
2001 hat die Stadt das berühmte schwarz-weiße Pflaster in Wellenform wiederherges-
tellt, das den Platz bereits Anfang des 20. Jahrhunderts schmückte und weltweit zum In-
begrif Lissabonner Pflasterkunst wurde.
Dominiert wird der Rossio von der neoklassizistischen Fassade des Nationaltheaters
Teatro Nacional Dona Maria II , das die Nordseite des Platzes einnimmt. Heute trefen sich
vor dem Theater Arbeiter aus den ehemaligen afrikanischen Kolonien Portugals, um sich
als Tagelöhner anheuern zu lassen. Wenige Meter weiter östlich steht an einem kleinen
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