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an anderen Standorten errichtet wurde. Ladenbesitzer und Klein
gewerbe hatten in ähnlicher Weise unter den Abrissmanahmen
zu leiden. Die Leidtragenden des Kahlschlags waren eindeutig die
Armen und Angehörigen der ethnischen Minderheiten (Frie
den und Sagalyn 1989, S. 2237). Schätzungen zufolge wurden
rund 1,5  Mio. Menschen durch den Abriss ihrer Wohnungen
verdrängt. Immer häuger erfolgten eine recht beliebige Aus
weisung oder Ausweitung bestehender Sanierungsgebiete, um
groe Flächen für eine Gewinn versprechende Neubebauung
zu erhalten oder weil die Abrissmanahmen aus öentlichen
Mitteln subventioniert wurden. In den Downtowns entstand ein
unattraktiver Flickenteppich aus Freiächen und noch genutzten
oder ungenutzten Gebäuden unterschiedlicher Epochen (Schnei
derSliwa 1999, S. 50; SchneiderSliwa 2005, S. 163).
Bereits relativ früh haben die Städte Bonusprogramme ver
abschiedet, um mittels einer intensiveren Nutzung der Grund
stücke potenzielle Investoren anzulocken. Gleichzeitig sollten
attraktive Aufenthaltsräume für die Bewohner und Besucher
der Downtowns entstehen. Wie in vielen anderen Fällen spielte
New York eine Vorreiterrolle. Der Bauordnung von 1916 zufolge
war es möglich, ein Grundstück völlig zu überbauen. Um auf der
Straenebene einen gewissen Lichteinfall zu garantieren, wur
den die einzelnen Stockwerke nach oben zunehmend abgestu,
weswegen viele Gebäude an Hochzeitstorten erinnerten. Im Lauf
der Zeit waren aber nicht selten Ausnahmegenehmigungen für
den Bau zusätzlicher Geschosse erteilt worden. Ende der 1950er
Jahre wuchs das Unbehagen an dieser Praxis, denn es musste
befürchtet werden, dass die sehr kompakten und hohen Gebäude
bald jeden Lichteinfall auf der Straenebene verhindern wür
den. 1961 wurde daher die New Yorker Bauordnung geändert,
wobei keine maximale Gebäudehöhe, sondern lediglich die er
laubte FAR (oor area ratio = Geschosshöhe) mit 15 festgelegt
wurde. Ein Grundstück, das zu 100 % Gebäudehöhe, sondern
lediglich die erlaubte FAR (oor area ratio) bebaut wurde, dure
maximal 15 Geschosse haben. Wurde aber nur die Häle des
Grundstücks bebaut, waren maximal 30 Geschosse und bei einer
Überbauung von nur einem Viertel des Grundstücks maximal
60  Geschosse erlaubt ( . Abb. 4.15 b ). Darüber hinaus wurden
weitere Anreize geschaen, um die Attraktivität der Stadt zu
erhöhen. Wenn ein öentlich zugänglicher Platz auf den unbe
bauten Teilen des Grundstücks angelegt wurde, wurden weitere
zusätzliche Etagen im Verhältnis 1:10 genehmigt. Die maximale
FAR erreichte so schnell den Wert 18. Da das Programm besser
angenommen wurde als vermutet worden war, zeigten sich bald
erste Nachteile. Einerseits entstanden zwar viele kleine öent
liche Plätze in Manhattan, andererseits nahm aber die gesamte
Baumasse in bedenklicher Weise zu. Auerdem waren viele der
neuen Freiächen äuerst unattraktiv. Teils handelte es sich so
gar um schmucklose Betonächen ohne jede Sitzmöglichkeit
oder Schattenspender. 1975 wurden daher Gestaltungsordnun
gen für die neuen öentlichen Plätze erlassen, an die sich zwar
nicht alle Investoren hielten, aber insgesamt entstanden jetzt in
teressantere Plätze. Gleichzeitig schlich sich allerdings eine neue
Praxis ein. Da Investoren verständlicherweise einen möglichst
groen Gewinn erzielen wollten, hatten sie Interesse am Bau
sehr hoher Gebäude. Ihre Bauanträge beinhalteten daher immer
mehr öentlich zugängliche Einrichtungen wie Wintergärten
. Abb. 4.14 Motto der Stadtentwicklung in Salt Lake City
oder Verbindungswege zum angrenzenden Gebäude. Da die
Stadt New York fast pleite war, stimmte sie gerne zu, denn eine
bessere Ausnutzung der Grundstücke bedeutete höhere Steuer
einnahmen. Letztlich wurde für jedes Gebäude individuell die
maximale Bauhöhe verhandelt und die Stadt wuchs anders als
in der Bauordnung von 1961 vorgesehen fast ungehemmt in den
Himmel und der Lichteinfall wurde immer mehr begrenzt. Diese
Fehlentwicklung wurde erst 1982 korrigiert. In einzelnen Teilbe
reichen Manhattans wurde die maximale FAR jetzt gesenkt, blieb
aber weiterhin ein umstrittenes Instrument. Hinzu kommt, dass
in New York wie in vielen anderen Städten auch sogenannte air
rights (Lurechte) übertragen werden können. Wenn der Besitzer
bei der Bebauung eines Grundstücks nicht die maximale FAR
ausschöp, kann er die ungenutzte Geschossäche einem Nach
barn übertragen, der entsprechend höher bauen darf. Besonders
günstig ist, wenn auf dem Nachbargrundstück eine Kirche oder
ein anderes geschütztes Bauwerk steht, denn auch die ungenutzte
FAR dieser Gebäude kann übertragen werden.
Seattle hat ein ähnliches Bonusprogramm wie New York,
erlaubt aber auerdem über Spenden für bestimmte Projekte
zusätzliche Etagen quasi hinzuzukaufen. Nutzt man in Seattle
alle Möglichkeiten konsequent aus, lässt sich die maximale Höhe
innerstädtischer Gebäude ungefähr verdoppeln. 1988 wurde der
Washington Mutual Tower mit einer Höhe von 235 m und mit
55 Etagen als zweithöchstes Gebäude erönet, wovon 28 dem Bo
nusprogramm zu verdanken waren ( . Abb. 4.15 a ). 13 der zusätz
lich bewilligten Etagen waren genehmigt worden, weil der Inves
tor 2,5 Mio. USDollar für den Bau von Wohnungen gespendet
hatte. Das zunehmende Höhenwachstum ist von vielen Bürgern
kritisiert worden. Es zeigte sich aber, dass einmal eingeführte
Anreize nur schwer zurückgenommen werden können. Erst 2001
ist es gelungen, das o kritisierte Programm zurückzuschneiden
(Cullingworth und Caves 2008, S. 113).
4.5.4
Megastrukturen
Die neuen Brachächen, die im Rahmen der Urbanrenewal
Programme entstanden waren, haben Platz für neue Projekte
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