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zurückgegrien werden, die dennoch eindeutige Trends erken
nen lassen.
Auf der Basis von Zensusdaten für die Jahre 1990 und 2000
haben Sohmer und Lang (2003) die Entwicklung von 24 Down
towns überwiegend sehr groer Städte wie Chicago, Houston,
Atlanta und Los Angeles untersucht. Die Grenzen dieser Down
towns waren zuvor im Rahmen eines an der University of Penn
sylvania angesiedelten Projekts deniert worden. Die Fläche der
einzelnen Downtowns war sehr unterschiedlich: San Antonio
hatte mit 14,3 km 2 die gröte Downtown, während die von Cin
cinnati, Lexington und Norfolk nur eine Fläche von 2,1 km 2 ein
nahmen. Im Untersuchungszeitraum hatten nur die Innenstädte
von Charlotte, San Antonio, Phoenix, Lexington, St. Louis und
Cincinnati Einwohner verloren, während alle anderen Gewinne
verzeichnen konnten, wobei es keinen zwingenden Zusam
menhang zwischen einem Einwohnergewinn oder verlust der
Downtown und der Bevölkerungsentwicklung der Gesamtstadt
gegeben hat. Phoenix verzeichnete von 1990 bis 2000 einen Be
völkerungsgewinn von 34 %, während die Innenstadt 9 % ihrer
Einwohner verlor. Andererseits erlebten die Downtowns von
Cincinnati und St. Louis einen Anstieg der Einwohnerzahl, wäh
rend die Städte als Ganzes Bevölkerung verloren (Sohmer und
Lang 2003, S. 6570). Eine ähnlich uneinheitliche Entwicklung
konnte für die Dekade von 2000 bis 2010 festgestellt werden. In
New York und Los Angeles wuchs die Bevölkerung in der Ge
samtstadt und in der Downtown. St. Louis hat rund 36.000 Ein
wohner verloren, im Zentrum aber 7000 Menschen gewonnen.
In Chicago waren die Einwohnerverluste der Gesamtstadt weit
gröer, was aber auch für die Gewinne des loops galt (Kotkin
und Cox 2011).
Einen interessanten Ansatz wählte das U.S. Census Bureau
(2012, S.  2528), das die Bevölkerungsentwicklung in einem
Radius von zwei Meilen (3,2 km) um die Rathäuser der gröten
Stadt einer metropolitan area für den Zeitraum von 2000 bis 2010
analysierte ( . Tab. 4.2 ). Die MAs mit einer Bevölkerung von we
nigstens 5 Mio. verzeichneten rund um die Rathäuser die grö
ten prozentualen Zuwächse, die hier durchweg im zweistelligen
Bereich lagen. Auch für MAs mit einer Bevölkerung von 2,5 bis
5 Mio. konnte eine positive Entwicklung in den zentralen Berei
chen festgestellt werden, die aber relativ betrachtet weit geringer
war, während in den noch kleineren MAs besonders häug ein
Bevölkerungsverlust in Rathausnähe beobachtet wurde. Aber
auch diese Daten lassen sich nicht verallgemeinern, da sie in
einzelnen Städten bei genauerer Betrachtung stark voneinander
abweichen. Mit Abstand den gröten Gewinn verzeichnete das
Zentrum von Chicago mit gut 36 %, wo inzwischen immerhin
mehr als 180.000 Menschen nahe des Rathauses leben; in New
York, Philadelphia und San Francisco sind es sogar weit mehr;
allerdings waren hier die Steigerungsdaten aufgrund des hohen
Ausgangsniveaus geringer. Die Einwohnerverluste im Zentrum
von New Orleans sind auf Hurrikan Katrina 2005 zurückzu
führen. Erstaunlich ist aber, dass auch Baltimore rund um das
Rathaus mehr als 10 % der Einwohner verloren hat, obwohl hier
in den vergangenen Jahrzehnten viele Apartmenthäuser im Be
reich des Inner Harbour entstanden sind (s. u.).
Wer sind die neuen Urbaniten? Sind es überwiegend junge
gut ausgebildete Menschen (young urban professionals), die noch
keine Kinder haben, oder Paare, dessen Nachwuchs das Haus
verlassen hat (empty nesters). Mehrere Jahrzehnte zogen die
Downtowns aufgrund des groen Angebots an billigem Wohn
raum überwiegend nanzschwache Einwanderer an. Dieses hat
sich in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend verändert, wie
eine in 44  Downtowns durchgeführte Untersuchung zeigt. Im
Zentrum von 20 dieser Städte wie in Dallas, Miami oder Mid
town Manhattan gibt es wenigstens einen census tract mit einem
höheren mittleren Einkommen als an jedem anderen Standort
der Region. Diese Menschen könnten überall leben, haben sich
aber freiwillig für die Innenstadt entschieden. Auerdem hat
der Anteil junger Menschen im Alter von 25 bis 30 Jahren, die
wenigstens über einen CollegeAbschluss verfügen, deutlich von
nur 13 % im Jahr 1970 auf 44 % zur Jahrtausendwende zugenom
men (Birch 2005). Ein Teil der Innenstädte hat auch durch den
Zuzug von älteren Menschen protiert. Nach dem Auszug der
Kinder haben viele empty nesters erkannt, dass ein Wohnen in
der Stadt Vorteile bietet, wie die Nähe zum Arbeitsplatz, zu Re
staurants und kulturellen Einrichtungen und Apartments ohne
Treppen oder keine groe Rasenächen, die regelmäig zu mä
hen sind (Bridges 2011, S. 97). Die Zahl der Wohnungseigentü
mer in den Downtowns hat sich von 1970 bis 2000 auf rund 22 %
mehr als verdoppelt, wobei es allerdings groe regionale Unter
schiede gab. Während im Jahr 2000 in Chicago 41 % Eigentümer
der von ihnen bewohnten Immobilie waren, traf dieses nur auf
1 % der Innenstadtbewohner von Cincinnati zu. Interessant ist
die ethnische Zusammensetzung der innerstädtischen Bevölke
rung. Von 1980 bis 2000 war der gemeinsame Anteil schwarzer
und weier Bewohner von 81 % auf 73 % gefallen; der Anteil der
Weien war in den 1990erJahren allerdings wieder angestiegen
(Birch 2005).
Ihre frühere Funktion als dominierender Bürostandort in der
Region haben die Downtowns weitgehend verloren. Die groen
USamerikanischen Städte berichten zwar in der Presse regel
mäig von einem Anstieg der Arbeitsplätze in den Innenstädten,
aber diese Angaben halten nicht immer einer Überprüfung stand.
Auerdem handelt es sich bei einem nicht unwesentlichen Teil
um Arbeitsplätze in einfachen und schlecht bezahlten Dienst
leistungen, wie Hotels, Restaurants oder Reinigungsdienste sie
bieten. Fest steht aber, dass sich ein immer geringerer Anteil der
Arbeitsplätze einer Region in den Stadtzentren bendet, denn in
den vergangenen Jahrzehnten sind die meisten neuen Arbeits
plätze an anderen Standorten entstanden. Auerdem wurden
Jobs aus den Stadtzentren in andere Teile der Stadt oder in den
suburbanen Raum verlagert. Im Zentrum von Los Angeles sind
von 1995 bis 2005 rund 200.000 Arbeitsplätze verlorengegangen,
und Manhattan hatte 2009 knapp 42.000 Arbeitsplätze weniger
als im Jahr 2000. Gleichzeitig ist die Zahl der Arbeitsplätze in
den anderen New Yorker Bezirken gestiegen. Eine ähnliche Ent
wicklung konnte in Chicago beobachtet werden (Kotkin und Cox
2011). Einer Untersuchung zur regionalen Arbeitsplatzentwick
lung in Innenstadt, restlicher Kernstadt und suburbanem Raum
in den 100 bevölkerungsreichsten MAs von 2000 bis 2010 hat
gezeigt, dass in nur neun Stadtzentren der Anteil der Arbeits
plätze nicht abgenommen hatte. Nur im Zentrum von Washing
ton, D.C., hatte auerdem die absolute Zahl der Arbeitsplätze
zugenommen (Kneebone 2013, S. 56).
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