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die negativen Auswirkungen der Schrumpfung abzufedern. Die
Städte sind weitgehend auf sich selbst gestellt, denn von den Bun
desstaaten oder counties ist nur wenig Hilfe zu erwarten. Unter
stützung im Umgang mit den Problemen schrumpfender Städte
gibt es nur durch gemeinnützige inktanks wie das in Washing
ton, D.C., ansässige Brookings Institute oder Universitätsinstitute
wie das Metropolitan Institute an der Virginia Tech University
oder das Shrinking Cities Institute, das der Kent State University
in Cleveland, OH, angegliedert ist. Diese Institutionen führen
Untersuchungen in schrumpfenden Städten durch und erarbei
ten Empfehlungen für den Umgang mit den vielen Deziten der
Städte, können diese aber aufgrund fehlender nanzieller Mittel
und Zuständigkeiten nicht selbst umsetzen. Die American As
sembly at Columbia University sieht das schlechte Image des Be
gris shrinking city (schrumpfende Stadt) als ein groes Problem
und zieht den Begri legacy city für Städte mit sinkender Bevölke
rung vor. Legacy (Erbe, Vermächtnis) soll an die ruhmreiche Ver
gangenheit, die aus amerikanischer Sicht historische Bausubstanz
und das kulturelle Erbe der Städte erinnern. Auerdem zeichnen
sich die legacy cities nicht nur durch Schwächen aus, sondern auch
durch Stärken wie die Headquarter groer Unternehmen, hervor
ragende Museen, gute Krankenhäuser und Universitäten sowie
gemeinnützige Organisationen. Die Voraussetzungen für eine
positive Entwicklung sind daher aus der Sicht der American As
sembly gar nicht so schlecht (e American Assembly 2011, S. 5).
In der Tat ist das Detroit Institute of Arts eines der besten Museen
der USA, denn rund 100 Jahre lang haben wohlhabende Detroiter
weltbekannte Exponate gestiet. Ähnliches gilt für die Museen
der Stadt St. Louis. Jahrzehntelang wurde versucht, die schrump
fenden Städte zu neuem Leben zu erwecken. Alle Manahmen
zielten darauf ab, Menschen oder neue Industrien anzuziehen.
Erst in neuerer Zeit akzeptieren die Städte zunehmend, dass die
Zahl der Einwohner kurz oder mittelfristig kaum nennenswert
ansteigen wird. Man entwickelt neue Konzepte zum Umgang mit
der schrumpfenden Bevölkerung und den daraus resultierenden
Problemen. Analog zu smart growth wird von smart shrinking
gesprochen (Lunday 2009, S. 68).
Der frühere Kohle und Stahlstandort Youngstown, OH, des
sen Bevölkerung von 1950 bis 2010 um 100.000 auf nur noch
67.000 Einwohner gesunken ist, hat erkannt, dass die Stadt nie
mehr den früheren Wert erreichen wird und 2005 den Abriss leer
stehender Gebäude beschlossen. Der neue Flächennutzungsplan
sieht umfangeiche Freiächen für Erholung und Gartenbau vor
und gilt heute als einer der innovativsten Stadtentwicklungspläne
der USA (Gallagher 2010, S. 1516; Glaeser 2011a, S. 66). Ganz
wichtig ist die Säuberung der Stadt. Die Bewohner haben sich
über Jahrzehnte an den Anblick verlassener Häuser und verkom
mener Grundstücke gewöhnt. Oberste Priorität hat daher die Be
seitigung dieser Missstände. Während zuvor Bundesmittel für
die Sanierung baufälliger Häuser an allen Standorten gleicher
maen gewährt wurden, erhalten heute Antragsteller nur noch
Geld, wenn sie bereit sind, in ausgewählte gesündere Stadt
viertel zu ziehen. Auerdem müssen Investoren, die Neubauten
in der Stadt errichten wollen, ihre Aktivitäten auf bestimmte in
dem Plan vorgegebene Viertel konzentrieren. Langfristig sollen
die genannten Manahmen zur Entstehung groer zusammen
hängender Freiächen und geschlossener bebauter Gebiete bei
tragen, auf die die städtische Infrastruktur konzentriert werden
kann. Youngstown möchte ein Vorbild für andere schrumpfende
Städte mittlerer Gröenordnung werden und das schlechte Image
aufpolieren. Anders als in den 1950erJahren, als im Rahmen
der ersten Stadterneuerungsmanahmen ganze Stadtviertel dem
Erdboden gleichgemacht und die Bewohner zwangsumgesiedelt
wurden, ist die Teilnahme an dem Programm freiwillig und wird
von den Betroenen gut angenommen (Gallagher 2010, S. 1718,
143; e American Assembly 2011, S. 8).
1
2
2.5.2
Leerstände, Brachflächen und land
banks
Brachächen und leer stehende Häuser gehören zu den gröten
Problemen schrumpfender Städte. Angesichts sinkender Be
völkerungszahlen und verringerter wirtschalicher Aktivitäten
werden zunächst vereinzelt Grundstücke aufgegeben, die schnell
ungepegt wirken und nicht selten für Abfälle aller Art genutzt
werden. Bald zeigen die o mit Holz gebauten Häuser Verfallser
scheinung. Der Wert benachbarter Gebäude, ganzer Straenzüge
oder sogar neighborhoods sinkt mit steigender Zahl aufgegebe
ner Häuser. Da leer stehende Gebäude Kriminelle und Banden
anziehen, werden sie so schnell wie möglich von den Städten
mit Brettern vernagelt. Angesichts der groen Zahl aufgegebener
Gebäude kommen die Städte aber nicht nach. In Bualo, NY,
verschandeln mehr als 10.000 leer stehende Gebäude die Stadt
und stellen ein Sicherheitsrisiko dar. 2007 haben mehr als 40 %
aller Schieereien hier stattgefunden (Center für Community
Progress 2012, S.  4). Wenn die Eigentümer die Grundsteuer
nicht mehr zahlen, gehen die Häuser oder Grundstücke über
kurz oder lang in kommunalen Besitz über. Im Rahmen ihrer
Möglichkeiten reien die Gemeinden die verfallenen Häuser ab,
da sie unansehnlich sind und eine Gefahr darstellen. Die Stadt
Detroit ist im Besitz von rund 40.000 Grundstücken und Häu
sern, die zuvor privaten Eigentümern gehört haben. Angesichts
dieser groen Zahl ist die mittellose Stadt mit der Pege oder
dem Abriss der Häuser überfordert. In New Orleans sind mit Un
terstützung des Center for Community Progress bis Ende 2011
mehr als 28.000 Grundstücke und baufällige Häuser begutachtet
worden. 2280 Häuser wurden abgerissen und gut 1000 Häuser,
um die sich die Eigentümer nicht mehr kümmerten, hat die Stadt
beschlagnahmt und weiterverkau. Allein im Jahr 2011 wurden
1750 Grundstücke in New Orleans teils unter Mitwirkung der Ei
gentümer entrümpelt. In Philadelphia hat die Pennsylvania Hor
ticultural Society auf Tausenden verlassenen Grundstücken Un
kraut und Müll beseitigt, neue Erde aufgetragen und Rasen und
einige Bäume oder Büsche gepanzt. Die Brachächen wurden
mit einem einfachen Holzzaun umgeben. Die Grundstücke ma
chen einen gepegten Eindruck, werden nicht mehr zugemüllt
und wirken sich nicht negativ auf den Wert der benachbarten
Häuser aus. In den Innenstädten werden gröere Brachächen
häug als Parkplatz genutzt, die zwar nicht sonderlich schön an
zusehen sind, aber ungepegten Brachächen vorzuziehen sind.
Die Parkplätze garantieren Einnahmen, mit denen die Grund
steuern getilgt werden können. Sollte eines Tages ein Investor
an dem Standort ein Hochhaus errichten wollen, kann der Ei
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