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der Markt, d. h. die Investoren entscheiden sollten, welche Teile
der Stadt zu revitalisieren seien. Die LaisserfairePolitik stie
auf wenig Gegenliebe. 2006 wurde mit nanzieller Unterstüt
zung der Rockefeller Foundation ein weiterer Plan entwickelt,
der 2007 als Unied New Orleans Plan verabschiedet wurde. Die
gesamte Stadt sollte wieder aufgebaut werden, wofür allerdings
rund 13 Mrd. USDollar veranschlagt wurden. Das Vorhaben
wurde allgemein begrüt, war aber aufgrund der hohen Kosten
nicht nanzierbar. Im Folgenden entwickelte der Bürgermeister
die Idee, internationale Stararchitekten anzuwerben, um ent
lang des Mississippi aufsehenerregende Gebäude zu errichten
und so den globalen Bekanntheitsgrad der Stadt zu steigern,
was erwartungsgemä ebenfalls kritisiert und bald verworfen
wurde. Da man erkannt hatte, dass räumliche Prioritäten für den
Wiederauau gesetzt werden mussten, wurde 2007 ein Target
Area Development Plan erarbeitet. Dieser identizierte 17 Teil
bereiche, auf die die Revitalisierungsmanahmen konzentriert
werden sollten. Der Stadtrat genehmigte diesen Plan und bewil
ligte für die Umsetzung 117 Mio. USDollar aus Bundesmitteln,
die die Stadt für den Wiederauau erhalten hatte. Wenig später
wurde der neue Flächennutzungsplan New Orleans. Blueprint
for the next 20 Years verabschiedet (Comfort und Birkland 2010,
S. 670673; Ford 2010). Auerdem unterstützte das Programm
Road Home Rückkehrwillige mit 8,6 Mrd. USDollar aus Bundes
mitteln. Die Besitzer zerstörter Häuser erhielten jeweils durch
schnittlich 66.000 USDollar für den Wiederauau. Auch wer
nicht in die Heimat zurück wollte, bekam Hilfen aus dem Pro
gramm. Was immer von dem Haus noch übrig war, wurde vom
Staat gekau, und mit dem Erlös zahlten die Eigentümer noch
bestehende Hypotheken. Die Grundstücke wurden zum Verkauf
angeboten, wobei man Nachbarn bei der Vergabe bevorzugte.
Wenn die Käufer die Grundstücke gut pegten und evtl. einen
Garten anlegten, konnte ein Teil der Kaufsumme erstattet wer
den (Gelinas 2010,   www.growinghomenola.org ). Die Entschei
dung für oder gegen New Orleans wurde durch das Programm
erleichtert und wahrscheinlich beschleunigt. Wer zurückgekehrt
ist, hat sich bewusst für New Orleans entschieden und war bereit,
den Auau der Stadt und die Implementierung von Recht und
Ordnung tatkräig zu unterstützen. Ein nicht geringer Teil des
Wiederauaus ist durch gemeinnützige Organisationen, private
Spender, Stiungen, HollywoodStars, bekannte Unternehmer
oder Politiker nanziert und mit der Unterstützung berühmter
oder aufstrebender Architekten umgesetzt worden. Besondere
Förderung erfuhr der Bau von Wohnraum für die zahlreichen
Obdachlosen. Da ein umfassender Plan lange fehlte, konnten die
Sponsoren die Häuser oder neighborhoods nach ihren eigenen
Vorstellungen realisieren. Das Ergebnis waren teils mutige Ent
würfe, die Architekturkritiker als zukunsweisend bezeichnen.
Der Schauspieler Brad Pitt konnte die bekannten Architekten
om Mayne und Frank Gehry für den Entwurf der von ihm
gespendeten Häuser gewinnen. Die sogenannten Brad Pitt Hou
ses ersetzen von der Flut zerstörte Sozialbauten. Gemeinsam mit
der von ExPräsident Bill Clinton gegründeten Clinton Global
Initiative wurden Standards für den Bau möglichst energieezi
enter Häuser entwickelt. In einer Stadt, die die Natur durch die
Trockenlegung der Sümpfe systematisch zerstört hat, bilden die
neuen Häuser eine vorbildliche Ausnahme (Curtis 2009).
. Tab. 5.4 New Orleans: Einwohner und soziökonomische Merkmale
2000 und 2010
New Orleans
2000
2010
Einwohner
484.674
343.829
Weie (%)
26,6
33,0
Schwarze (%)
66,6
60,2
Einwohner unter 18 Jahre (%)
26,7
21,3
durchschnittl. Haushaltseinkommen
(USDollar)
43.176
37.176
Menschen, die in Armut leben (%)
27,9
24,4
Wohneinheiten
davon leerstehend
215.091
26.840
189.896
47.738
Quellen: www.census.gov , Plyer 2011
Schulen und das Arbeitsplatzangebot schlecht, die Mordrate mit
59 Morden pro 100.000 Einwohner eine der höchsten der USA,
und Politiker wie Polizei waren kriminell, korrupt oder unfähig.
Es stand auer Frage, dass New Orleans ohne eine umfassende
Sanierung der Deiche und des Entwässerungssystems keine dau
erhae Überlebenschance haben würde. Auerdem galt es, den
sozialen Zusammenhalt der Bevölkerung zu stärken (Campanella
2006, 2007; Gelinas 2010). Während sich viele Umweltwissen
schaler gegen den Wiederauau aussprachen, befürworteten
die meisten Politiker den vollständigen Wiederauau der Stadt.
Wichtiger wurde aber die Frage, ob sich die Stadt wirklich von
der Katastrophe im vollen Umfang würde erholen können (Kolb
2006; Vigdor 2008, S. 135). Da dieses zunächst nicht garantiert
schien, wollte man zumindest das weltbekannte French Quarter
retten ( . Abb. 5.36 ). Ohne das städtische Umfeld wäre das beliebte
Touristenviertel, dessen disneycation angesichts seines künstli
chen Charakters ohnehin schon lange kritisiert wurde, endgültig
zu einem inszenierten emenpark geworden (Souther 2007).
Rückblickend wirken alle Auaupläne der folgenden Jahre
chaotisch, unüberlegt, teuer und grötenteils wenig nützlich.
Wiederholt holte man auswärtige Berater in die Stadt, deren
Ideen oder Pläne meist nach kurzer Zeit verworfen wurden.
Es wurden immer wieder neue Revitalisierungspläne entwi
ckelt, aber nicht realisiert. Interessanterweise knüpe keiner
der neuen Pläne an den vorausgehenden Plan an. Noch 2005
gründete Bürgermeister Ray Nagin eine Bring New Orleans Back
Commission bestehend aus Planern, Investoren und Bankern,
die Anfang 2006 einen ersten Entwurf zum Wiederauau der
Stadt präsentierten, der allerdings auf groen Widerstand stie.
Neighborhoods, die gänzlich durch Katrina zerstört worden
waren, sollten nicht wieder aufgebaut und durch Grünächen
ersetzt werden. Der Plan hat die Stadt in zwei Gruppen gespal
ten: Die Wohlhabenden, die bevorzugt in den höheren Lagen
wohnten und deren Häuser kaum zerstört worden waren, waren
relativ zufrieden, während sich die Ärmeren, die überwiegend
in den tieferen Lagen lebten, unerwünscht fühlten. Der Bürger
meister verabschiedete sich von dieser Idee und schlug vor, dass
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