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für mehrere Mio. USDollar im Stadtzentrum keine Seltenheit
mehr. Allerdings haben überwiegend groe Investoren und
wohlhabende Käufer oder Mieter von den Steuerbefreiungen
protiert. Auerdem stiegen durch die Revitalisierung der In
nenstadt auch der Wert älterer Häuser und die Grundsteuern.
Alteigentümer wurde im doppelten Sinn bestra: Sie protierten
nicht von Steuererleichterungen und mussten sogar höhere Steu
ern zahlen. Die Programme Philadelphias zur Schaung inner
städtischen Wohnraums mittels Steuererleichterungen werden
als wirtschalicher Erfolg gewertet, der sich aber negativ auf
diejenigen auswirkte, die während der vielen Krisenjahre in der
Stadt ausgeharrt hatten und eigentlich eine Belohnung verdient
gehabt hätten (Kromer 2010, S, 3147).
Die Downtowns waren lange der bedeutendste Bürostandort
der Region und verfügen über entsprechend viele ältere Büroge
bäude, deren Zuschnitt und Technik nicht mehr den heutigen
Anforderungen entsprechen. Da der Abriss der o hohen und
sehr massiven Gebäude schwierig ist, standen sie teils seit Jahr
zehnten leer. Um die ungenutzten Gebäude zu revitalisieren und
der wachsenden Nachfrage nach Wohnraum gerecht zu werden,
fördern viele Städte heute steuerlich den Umbau der Büros in
Apartments. Dieses ist sogar an der New Yorker Wall Street der
Fall, die der wohl bekannteste Banken und Börsenplatz der Welt
ist. Es erstaunt nicht, dass auch hier ausschlielich sehr teure
Luxusapartments entstanden sind, da die Investoren die gut ver
dienenden Banker als Käufer oder Mieter im Auge hatten. Aber
selbst im Zentrum der stark schrumpfenden Stadt St. Louis ent
stehen neue Luxuswohnungen ( . Abb. 4.23 ).
. Abb. 4.23 Werbung für Luxuswohnungen im Zentrum von St. Louis
Alle genannten Gebäude verraten die Handschri des berühmten
Architekten auf den ersten Blick. Auch die von Rem Koolhaas
und Joshua PrinceRamus gebaute Public Library of Seattle hat
viel Aufmerksamkeit erfahren. Denver lie die Erweiterung des
Art Museums durch Daniel Libeskind bauen, den auch die Stadt
New York für die Neugestaltung von Ground Zero anheuerte.
Allein durch die Wahl dieser renommierten Architekten scheint
eine globale Aufmerksamkeit garantiert zu sein. Es gibt allerdings
nur eine begrenzte Zahl von Architekten, deren Werke weltweit
wiedererkannt werden oder die es vermögen, wirklich spekta
kuläre Bauwerke zu errichten. Die Produktion von Einmaligkeit
ist begrenzt und teuer, und je mehr Städte um die globale Auf
merksamkeit buhlen, desto schwerer wird es, diese zu erreichen.
Die postmodernen Gebäude fallen auch dadurch auf, dass sie
sich nie der Umgebung anpassen, sondern einen grötmöglichen
Gegensatz erzeugen. Der Architekt Rem Koolhaas hat es treend
mit Fuck the context! auf den Punkt gebracht (zitiert in: Augé
2011, S. 128). Allerdings hil ein spektakulärer Bau in einer sa
nierungsbedürigen Nachbarscha den Anwohnern o nicht.
Es werden kunstinteressierte Besucher angezogen, für die teure
Cafés und ähnliche Einrichtungen entstehen. Als Folge können
die Mietpreise steigen und die Bewohner des Viertels verdrängt
werden (Glaeser 2011a, S. 65).
4.5.12 Architektur der Aufmerksamkeit
Da die Städte heute in einem groen Wettbewerb zueinander ste
hen, versucht jede durch spektakuläre Gebäude oder Megaevents
aus der Menge herauszustechen. Man beauragt teure Stararchi
tekten, um Alleinstellungsmerkmale für eine weltweite Vermark
tung zu erzeugen (Gerhard 2012, S. 57). Erst wenn ein Gebäude
in den globalen Hochglanzmagazinen gezeigt wird, stellt sich der
Erfolg ein. 1973 erregte die Erönung des Opernhauses im aus
tralischen Sydney groe Aufmerksamkeit, obwohl der dänische
Architekt Jrn Utzon zum damaligen Zeitpunkt auerhalb seines
Heimatlandes noch weitgehend unbekannt war. Die UNESCO
hat das Opernhaus zum Weltkulturerbe erhoben, und weltweit ist
der ausgefallene Bau wichtigster Werbeträger Sydneys. Ähnlich
bekannt wurde das 1994 im spanischen Bilbao erönete Gug
genheimMuseum, das der Stararchitekt Frank Gehry entworfen
hat. Bis 2005 stieg die Besucherzahl Bilbaos von 1,4 auf 3,8 Mio.
Diesem Erfolg, der als BilbaoEekt bezeichnet wird, versuchen
viele Städte nachzueifern, indem sie herausragende Architekten
(starchitects) für den Bau möglichst hervorstechender Gebäude
(starchitecture) verpichten (Glaeser 2011a, S. 65; Knox und Mc
Carthy 1012, S. 343). Los Angeles, Chicago und Seattle lieen
ebenfalls von Gehry die Walt Disney Concert Hall am Rand der
Innenstadt von Los Angeles ( . Abb. 4.24 ), die überdimensionierte
Konzertmuschel Jay Pritzker Pavillion in Chicagos Millennium
Park und das EMP Museum (EMP = Experience Music Project)
für populäre Musik am Fu der Seattle Space Needle errichten.
4.5.13 Aufenthaltsqualität
Lebendige Innenstädte sind für Bewohner, Beschäigte und
Besucher attraktiver als menschenleere Straen und verödete
Ladenlokale. Aber nicht immer waren die Bemühungen, an
genehme Aufenthaltsräume unter freiem Himmel zu schaen,
erfolgreich. 1958 war das von Mies van der Rohe konzipierte
Seagram Building auf der Ostseite der Park Avenue zwischen
52nd und 53rd St. fertiggestellt worden. Das Gebäude ist von ei
ner groen Plaza umgeben, die anfangs viel Lob erhielt. Die Idee,
dass Freiächen zwischen Gebäuden Menschen anziehen, hat
sich allerdings als falsch erwiesen, denn diese werden allenfalls
von Rauchern gut genutzt. In fast jeder USamerikanischen Stadt
sind in den 1950er und 1960erJahren ähnlich Gebäude und
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