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Schreib- und Lesecomputer zur Verfügung steht, wenn wir etwas schreiben
oder lesen wollen. Das bedeutet auch, dass es Strom und vielleicht auch ein-
en Internetanschluss gibt, ein funktionierendes Betriebssystem und für das
Lesen und Schreiben geeignete Programme auf dem Computer. All das ge-
hört heute zu den Aufgaben einer weltumspannenden IT-Industrie, die nicht
zuletzt auch Geld damit verdienen will - Geld brauchen wir also auch, um
einen Computer nutzen zu können.
Wir nehmen diesen Mehraufwand in Kauf, weil uns das digitale Lesen und
Schreiben große Vorteile verschaft. Ein digitaler Text kann in Sekunden-
bruchteilen vollständig, fehlerfrei und nahezu kostenlos kopiert werden. Er
kann in ähnlich kurzer Zeit zu jedem Menschen auf der Erde geschickt wer-
den, der über einen Internetanschluss verfügt. Digitale Texte lassen sich auf
winziger Fläche archivieren - auf dem Laptop, mit dem ich diese Zeilen
gerade schreibe, ließen sich ohne weiteres mehr als 100.000 Bücher wie das
vorliegende druckreif abspeichern, eine ganze Bibliothek. Auf eine winzige
Speicherkarte mit einer Größe von wenigen Quadratzentimetern passen
schon 15.000 derartige Bücher. Dem mittelalterlichen Mönch in seinem
Skriptorium, der Monate mit dem Kopieren eines Buches verbringt, das viel-
leicht auf einen Esel gebunden mühsam über die Alpen in eine Klosterbiblio-
thek gebracht wird, wo man den über Jahrhunderte aufgebauten Bestand
von wenigen Hundert Büchern für den größten Schatz hält, muss all dies un-
vorstellbar, vielleicht sogar als ein Beweis für die Allmacht Gottes erschien-
en sein. Die Infrastrukturen der Schriftkultur für die Reproduktion, Distribu-
tion und Speicherung von Texten waren auf ein materielles Gut ausgerichtet,
das Buch. Der digitale Text dagegen ist reine Information, er ist nicht ge-
bunden an eine bestimmte materielle Ausprägung. Völlig andere Infrastruk-
turen sind dafür erforderlich, die zwar wie das Internet nicht weniger
aufwändig sind, aber unter anderen Bedingungen arbeiten. Werden etwa
noch Gebäude benötigt, die digitale Informationen bereitstellen, digitale Bib-
liotheken, Universitäten und Verlage? Wie sich das digitale Lesen und
Schreiben auf die Infrastrukturen und Institutionen der Schriftkultur aus-
wirken wird, werden wir uns in Kapitel 9 näher ansehen.
 
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