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In ähnlicher Weise müssen wir fragen, was es heißt, digital zu schreiben.
Die Automatisierbarkeit der Schrift führt zur Automatisierung der Schreib-
tätigkeit. Was für Texte können von Computern erwartet werden? Und wenn
der Mensch schreibt, wie wird ihn der Computer dabei unterstützen? Wie
wird er die Eingabe von Schriftzeichen, das Formulieren, die Einhaltung von
Regeln, den Stil, vielleicht auch den Inhalt beeinlussen? Wenn in Texte
Daten anderer Art integriert werden, bezieht sich das Schreiben nicht mehr
allein auf die Schrift. Wie »schreiben« wir Diagramme, Schaubilder und
Schemata mit Computerunterstützung? Werden wir beim »multimedialen«
Schreiben visueller denken, ganzheitlicher? Und was heißt es schließlich,
vernetzt zu schreiben? Wird es durch vernetzte Computer tatsächlich mög-
lich, gemeinschaftlich zu schreiben? Was für Texte werden dadurch
entstehen, und wie wird das unser Verständnis vom Schreiben verändern?
Um derartige Fragen geht es in den folgenden Kapiteln dieses Buchs.
Texte sind kulturelle Hervorbringungen von Menschen und als solche Teil
der kulturellen Kommunikation in einer Gemeinschaft. Wir haben gesehen,
wie aufwändig sich die Produktion und Reproduktion von Texten in der
Manuskriptkultur gestaltete und wie beschränkt die Möglichkeiten der
Rezeption der so kostbaren handkopierten Bücher gewesen sind. In der
Buchkultur erhöhte sich die Geschwindigkeit der Reproduktion von Büchern
enorm, gleichzeitig sanken die Kosten. Infrastrukturen zur Distribution und
systematischen Speicherung der gedruckten Bücher entstanden. Trotzdem
ging es dabei immer um physische Güter, um Gegenstände, die produziert
und vertrieben, die in Regale gestellt, gekauft und vielleicht auch vernichtet
wurden. Das Buch steht als Gegenstand für sich selbst. Es muss von einem
Menschen nur aufgeschlagen und betrachtet werden, damit es gelesen wer-
den kann - die Schrift im Buch bedarf keiner weiteren Technik, sie »lebt« al-
lein im Menschen.
Digitale Texte benötigen Computer, um zum Leben erweckt zu werden. Er
führt auf dem digitalen Code Programme aus, die einen von Menschen les-
baren Text erst auf dem Display oder im Papierausdruck erzeugen. Auch das
Schreiben eines digitalen Textes erfordert einen Computer, der die vom
Menschen produzierten Schriftzeichen und ihre Anordnung in einen di-
gitalen Code überführt und als eine Bitfolge abspeichert. Bei beiden
Aufgaben greifen die Programme ein, um zu ergänzen, zu korrigieren, Lesen
und Schreiben efizienter oder angenehmer zu machen. Der Mensch liest
nur das, was der Computer zuvor gelesen und auf das Display gebracht hat,
und der Mensch hat nur das geschrieben, was der Computer anschließend in
seinen Speicher schreibt. Wir sind also abhängig davon, dass uns ein
 
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