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Schriftträger, Dokumente zerschlagen, zerrissen oder verbrannt. Noch im
18. Jahrhundert vollzog der Henker an Büchern auf dem Scheiterhaufen die
»Hinrichtung«, 113 und bekanntlich kam in Deutschland in der Zeit des Na-
tionalsozialismus diese Form drakonischer Kommunikationskontrolle bis hin
zu Bücherverbrennungen und Verfolgung unliebsamer Autoren erneut
wieder auf. Mit dem Buchdruck hatten sich aufgrund der hohen Zahl von
Kopien auch für die Zensur neue Herausforderungen ergeben. Die Ent-
stehung komplexer Infrastrukturen erlaubte es allerdings auch, in allen
Stadien der Produktion von Druckwerken angepasste Zensurmaßnahmen
durchzuführen - in Satz, Druck und Distribution, im Handel, beim Leser und
in der Bibliothek.
Noch früher setzt eine Zensur an, die schon in die Schafung eines Textes
eingreift, während oder vor dem Schreibprozess des Autors. Dies kann
durch Schreib- und Publikationsverbote, Drohungen, Inhaftierung oder Verb-
annung geschehen, auch dies Methoden, die bis in die Gegenwart angewen-
det werden. Gleichwohl kommt kein Staat ohne Instrumente der Zensur aus,
allein schon um Straftaten, zu denen durch eine Veröfentlichung aufge-
fordert wird, zu verhindern. Die Verbreitung krimineller Inhalte ist natürlich
verboten, und auch ein freiheitlich-demokratischer Rechtsstaat übt hier eine
allgemein anerkannte Form der Zensur aus. Auch Persönlichkeits- und Urhe-
berrechte werden durch Zensur gesichert. Hinzu kommen religiöse, moralis-
che und weltanschauliche Grenzen, deren Auslegung eine ständige Aufgabe
der Rechtsprechung im Prozess des medialen Wandels darstellt. Während
diese Formen der Zensur dadurch gekennzeichnet ist, eine Veröfentlichung
zu verhindern oder nur unter Auslassung der inkriminierten Teile zuzu-
lassen, bildet eine Zensur, die die Werke in einer für den Leser nicht erken-
nbaren Weise verändert, eine besonders peride Form der Kommunikation-
skontrolle. Eine derartige Zensur ist vor allem bei der Berichterstattung und
Kommentierung von Tageszeitungen in totalitär geführten Staaten zu beo-
bachten.
Kapitel 3.6
Aufassungen, Konzepte, Werte, Mythen
Die Kulturtechniken des Lesens und Schreibens, die Infrastrukturen der
schriftbasierten Kommunikation und die Institutionen der Schriftkultur
haben über die Jahrhunderte das Denken selbst geprägt - die Instrumente
 
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