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mit ihren Beschafungs- und Ordnungsentscheidungen prägten. Einige der
größten Gelehrten und Dichter der deutschen Geistesgeschichte waren sich
deshalb nicht zu schade, als Bibliothekare zu wirken: Gottfried Wilhelm
Leibniz etwa an den Hofbibliotheken in Hannover und Wolfenbüttel und Jo-
hann Wolfgang Goethe an der in Weimar. 110
Beim Pressewesen ist schon im Wort erkennbar, dass es ursächlich durch
den Buchdruck entstanden ist. Pressewesen und (Buch-) Verlage sind Institu-
tionen, die durch die Verbreitung kulturellen Wissens maßgeblich dazu
beitragen, in einer Sprachgemeinschaft ein gemeinsames »Bewusstsein«
entstehen zu lassen, und die damit an der Identitätsbildung der Gemeinsch-
aft mitwirken. 111 Zeitungen und Zeitschriften erreichen das durch ihr peri-
odisches Erscheinen in einem festgelegten thematischen Rahmen, wodurch
derartige Periodika eher als ein fortlaufender Vorgang anzusehen sind als
eine Kette von Einzelprodukten. Die Redakteure schreiben zeitabhängig auf
den Redaktionsschluss hin und verbinden aktuelle Informationen mit Deu-
tungen vor dem Hintergrund angenommenen kulturellen Wissens beim
Leser. Der Leser nimmt sich aufgrund der zeitlich begrenzten Geltung der
Zeitung als Teil einer Gemeinschaft wahr, in der alle mehr oder weniger zur
gleichen Zeit das Gleiche lesen - Vergemeinschaftung durch Lesetaktung.
Sachbuch- oder Literaturverlage dagegen können nur beim Erscheinen eines
Buchs auf eine Vergemeinschaftung ihrer Leser setzen, oft wird es deshalb
als ein herausragendes Ereignis inszeniert. Ist das Buch dann länger auf
dem Markt, verblasst die Wirkung dieses Erscheinungsereignisses und das
Werk muss sich nun in einer anhaltenden kulturellen Kommunikation als kul-
turelles Wissen etablieren. Verlage versuchen dies neben PR-Arbeit dadurch
zu unterstützen, dass sie längerfristig in Autoren und bestimmte Program-
mproile investieren, um damit öfentliche Aufmerksamkeit zu binden. Zei-
tung und Verlagswerke fördern also entweder durch die Dauerhaftigkeit
oder durch die Einmaligkeit ihres Erscheinens die Gemeinschaftsbildung
unter ihren Lesern - ihre Inhalte werden auf diese Weise efektiv aus Welt 1
und Welt 2 in der Welt 3 platziert.
Wo kulturelles Wissen kommunikativ genutzt wird, wird es auch kontrolliert.
Schon immer gab es das Interesse, kulturelle Kommunikation durch Zensur
zu verhindern. Zensur steht der Aufassung entgegen, dass kulturelles Wis-
sen als solches einen Wert darstellt, sie fordert vielmehr, dass es zu iltern
sei. 112 Zensur ist Anti-Schreiben und Destruktionslesen, selbst wenn an-
erkannte Ziele damit verfolgt werden. Schon in der Antike wurden, je nach
 
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