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hen aber schon in der Aufklärung als zentral für das Verständnis davon, was
man unter Fortschritt versteht, und wurde denen der Zivilisation, der Gesell-
schaft und natürlich dem der Natur entgegengestellt. In neuerer Zeit sind
Verständnisweisen vorgeschlagen worden, bei denen Kultur als ein Teilsys-
tem übergeordneter Sozialsysteme betrachtet und soziologisch gedeutet
wird. 65
Besonders erfolgreich ist in der Kulturtheorie jedoch ein Ansatz geworden,
bei dem eine Parallele zur Sprache gezogen wird. In der Sprachwissenschaft
nimmt man an, dass Sprache aus Zeichen besteht. Ein Wort und seine
bedeutungstragenden Bestandteile sind Zeichen, ebenso Wortgruppen,
Sätze und auch Texte. Die Zeichen der Sprache bauen aufeinander auf:
Wortteile bilden als Wort ein Zeichen auf der nächsthöheren Ebene, Wörter
als Wortgruppen und so weiter. Aus »renovier-« und »-ung« wird »Renovier-
ung«, und zusammen mit »eine« und »große« kann daraus die Wortgruppe
»eine große Renovierung« entstehen. Auf jeder Ebene, also für Wortteile,
Wörter, Wortgruppen und Sätze, müssen bestimmte Regeln befolgt werden,
damit auf der höheren Ebene wieder ein korrektes Zeichen entsteht. Bei
»Renovierung große eine« wäre beispielsweise gegen Abfolgeregeln der ver-
schiedenen Wortarten beim Aufbau einer Wortgruppe verstoßen worden.
Diese Schichtung von Zeichen auf der Grundlage von Regeln, aus der immer
neue Zeichen gewonnen werden können, nennt man ein Zeichensystem.
Kultur kann man im kultursemiotischen Sinne als ein solches Zeichensys-
tem aufassen. 66 Die Wissenschaft von den Zeichen heißt Semiotik, die Über-
tragung auf Kultur deshalb Kultursemiotik. Das klingt zunächst einmal ziem-
lich abstrakt, es lässt sich aber konkreter fassen, wenn man berücksichtigt,
wie Zeichen beschrieben werden können. Nehmen wir ein Zeichen in der
Form eines Satzes als Beispiel: »Die große Renovierung steht unmittelbar
bevor.« Zum einen weist dieser Satz eine bestimmte Form auf. Die Wörter
erscheinen in einer bestimmten Reihenfolge, in der sie einen korrekten Satz
der deutschen Sprache bilden, und manche Wörter sind aufeinander abges-
timmt (»die« und »große« zum Beispiel bezüglich des grammatischen
Geschlechts oder »Renovierung« und »steht« hinsichtlich der dritten Person
Singular).
Zweitens hat der Satz einen bestimmten Inhalt . Wir verstehen die Bedeu-
tung der einzelnen Wörter und die gemeinsame Bedeutung der Wörter in
ihrem Zusammenhang. Eine »große Renovierung« dauert vermutlich
Wochen oder Monate und wird nicht ganz billig. Dass sie mit »die« bezeich-
net wird, macht deutlich, dass eine ganz bestimmte Renovierung gemeint
ist. Und das unmittelbare Bevorstehen einer Renovierung verstehen wir
 
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