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Auch beim Schreiben hat es historisch gesehen Veränderungen gegeben. 55
Wenn man Texte nur deshalb verfasst, um gesprochene Sprache zu ixieren,
dann kommt es auf die Ausgestaltung des Textes als eigenständigem Ele-
ment der Kommunikation nicht an. Entsprechend gering ausgeprägt waren
in der Antike Textgliederung und Textdesign in Dokumenten. Bis weit in die
Neuzeit hinein prägte das Ideal des Redens die Textproduktion, und auch in
der Schule wurde mit dem Aufsatz erst ab dem 18. Jahrhundert eine rein
schriftliche Textform vermittelt. 56 Weil das handschriftliche Schreiben bis
lange nach der Erindung des Buchdrucks nicht ausschließlich eine individu-
elle Funktion hatte, unterschied es sich auch im technischen Sinne von
heute. Geübte Kopisten konnten in verschiedenen Schrifttypen schreiben,
und deren Manuskripte standen im 15. Jahrhundert bezüglich Präzision und
Ebenmaß nicht hinter den frühen Drucken zurück. 57 In der Kalligraie, der
Kunst des »schönen« Schreibens, ging es eben nicht nur um Schönheit, son-
dern vor allem um Lesbarkeit, Wirkung und die Ausschaltung der individuel-
len Schriftmerkmale. 58
Wenn man wissen möchte, wodurch Lesen und Schreiben heute geprägt
sind, so kann man sich zunächst die Lesegewohnheiten ansehen, denn die
sind recht gut erforscht. 59 Die in Mainz ansässige »Stiftung Lesen« unter-
sucht alle acht Jahre das Leseverhalten in Deutschland, unter besonderer
Berücksichtigung des Lesens von Büchern. Die letzte Studie wurde 2008
vorgelegt. 60 Im Vergleich mit den Erhebungen von 1992 und 2000 fanden
die Mainzer Wissenschaftler heraus, dass die Buchlektüre, gemessen an der
Anzahl jährlich gelesener Bücher, sinkt - gleichzeitig registrieren sie einen
Anstieg der täglichen Lektüre. Die Erklärung liegt darin, dass die Befragten
angaben, vermehrt in kleineren Portionen zu lesen, selbst Bücher. Das Lesen
beindet sich in einer zunehmenden Konkurrenz mit anderen Medien, und
anstatt dass einzelne ältere Medien wie das gedruckte Buch oder das Radio
komplett verschwinden, ist vielmehr eine Ausdiferenzierung der Nutzung zu
verzeichnen. Zum »traditionellen« Lesen von Büchern, Zeitungen und Zeits-
chriften kommt heute ganz selbstverständlich noch das Lesen im digitalen
Medium hinzu, und die Frage, ob etwas gedruckt ist oder nur auf dem Bild-
schirm erscheint, verliert auch nach den Ergebnissen der Umfrage an
Bedeutung.
Das handschriftliche Schreiben ist heute vollständig in den privaten und
informellen Bereich zurückgedrängt. Demzufolge spielt auch die ästhetische
Qualität, anders als in früheren Zeiten, nur eine untergeordnete Rolle. Der
 
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