Information Technology Reference
In-Depth Information
Während dieses Buch entstanden ist, wurde die lächendeckende, allum-
fassende Abhörpraxis durch die amerikanische NSA und andere Geheimdi-
enste öfentlich bekannt. Seitdem wird eine hitzige Debatte darüber geführt,
was dies für die »digitale Agenda« bedeutet, also für die Ziele, die mit der
Digitalisierung von der Politik für Gesellschaft und Wirtschaft angestrebt
werden sollen. Eine einfache Smartphone-App zu Verschickung von Textna-
chrichten per Internet, entwickelt von einer Firma mit gerade einmal ein
paar Dutzend Mitarbeitern, wurde in dieser Zeit für fast 14 Milliarden Euro
Betrag, der ähnlich groß ist wie der gesamte Staatshaushalt von Singapur
oder Kroatien und wesentlich größer als der Börsenwert von Lufthansa oder
Porsche, wurde für ein einfaches Programm zum Lesen und Schreiben di-
gitaler Kurzmitteilungen ausgegeben, weil es von fast einer halben Milliarde
Menschen genutzt wird.
Es sind solche Zahlen, die deutlich machen, dass wir die Steuerungs-
fähigkeit über die digitale Welt längst verloren haben. In der Digitalkultur
entscheiden wir nicht mehr allein über kulturelle Werte und Konzepte. Die
Digitalkultur ist so etwas wie ein Hybridwesen geworden, eine Cyborg-Kul-
tur - halb menschlich, halb maschinell. Steuern können wir sie nicht mehr.
Was uns bleibt, ist nur, bestimmte Tendenzen darin zu fördern, andere zu be-
hindern. Dies hat gegenwärtig etwas mit Politik und Gesetzgebung zu tun,
langfristig aber vor allem mit Erziehung und einem neuen Bildungsbegrif.
Engelbarts Traum einer hybriden, multimedialen und sozialen Nutzung von
Computern muss heute neu gedeutet werden, und damit stehen wir erst
ganz am Anfang. Nur so wird aus diesem Traum nicht unser aller Alptraum,
nur so halten wir die sich schließenden Kreisläufe von Hyperautomatisier-
ung, medialer Abstumpfung und allumfassender Kommunikationskontrolle
für die Interessen von uns Menschen in der Digitalkultur ofen.