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auch den Namen Memex für sein Gerät gewählt: Er steht als Kurzform für
»Memory Extender«, also »Gedächtnis-Erweiterer«. Und Bush bleibt nicht
dabei stehen, nur die Vernetzung der Informationen mittels Links zu bes-
chreiben. Er zeigt auch, wie im Informationsbestand ganze thematische
»Pfade« gebildet, separat abgespeichert und an andere Memex-Nutzer weit-
ergegeben werden können, damit sie diese in ihren eigenen Memex integri-
eren - eine Vision des Web 2.0.
Eine Ausgabe von Atlantic Monthly mit dem darin erschienenen Artikel
bekam im Sommer 1945 der junge Radartechniker der amerikanischen Mar-
ine Douglas C. Engelbart zu lesen, kaum zwanzig Jahre alt und gerade auf
den Philippinen stationiert. 352
Das Memex wurde Engelbarts Traum.
Aus dem Krieg zurückgekehrt, setzte er sich das Ziel, ein System, wie
Bush es beschrieben hatte, zu entwickeln. Nach jahrelangen Vorarbeiten
bekam Engelbart schließlich 1963 in Stanford die Möglichkeit dazu. 353 Für
das Online-System erfand er nicht nur die Computer-Maus, sondern prakt-
isch alles, was bis heute die Bedienung eines Computers ausmacht: Pixel-
Graik, Fenster, in denen unterschiedliche Programme laufen, den gleichzeit-
igen Zugrif mehrerer Nutzer auf eine Datei, den graischen Text-Editor und
verteilte Hypertexte. Wir haben im ersten Kapitel gesehen, wie all das in der
berühmten Demonstration im Dezember 1968 vorgestellt wurde. Automatis-
ierung, Datenintegration und Vernetzung - Bush hatte 1945 visionär
vorgezeichnet, wie die geistige Arbeit des Menschen erweitert werden kann.
1968 wurde Bushs Vision, die zu Engelbarts Traum geworden war, mit dem
Online-System als seinem Memex Realität, und dieses Buch versucht eine
Vorstellung davon zu vermitteln, was aus diesem wahr gewordenen Traum
inzwischen geworden ist.
Man kann das Memex als ein Mem verstehen, das eine umfassende evolu-
tionäre Entwicklung ausgelöst hat. Engelbart war ein sehr wichtiger Teil
dieser Entwicklung, und er war sich darüber bewusst, dass er die evolu-
tionären Kräfte dieses Prozesses selbst nutzen sollte. Sein Projekt war evolu-
tionär angelegt. Heute sehen wir, wie ausgehend davon Automatisierung,
Datenintegration und Vernetzung zu dem allumfassenden Ökosystem ver-
schmolzen sind, das immer mehr seine eigene Dynamik entwickelt und sich
dem Einluss des einzelnen Menschen zu entziehen beginnt.
 
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