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»898986« verbirgt? »6« steht für »s«, »8« für »a« und »9« für »n« - es er-
gibt sich »Ananas«.
Alphabetschriften haben sich historisch erst nach den logograischen
Schriften entwickelt, und dies ist auch der Grund dafür, warum man sie in
der abendländischen Forschung lange für eine höher entwickelte Stufe von
Schrift hielt. 17 Mit einer Alphabetschrift könne man, so war das Argument,
mit wenigen Zeichen nahezu alle Lautfolgen schreiben, sie sei schnell
erlernbar und insgesamt ein ideales Instrument, um gesprochene Sprache
zu speichern. Diese Aufassung hatte zwei fragwürdige Konsequenzen: Zum
einen wurde »Schrift« mit »Alphabetschrift« gleichgesetzt und logograische
Schriften wie das Chinesische als unnötig kompliziert und archaisch angese-
hen. Und zweitens wurde »Schrift« insgesamt als etwas Zweitrangiges be-
trachtet, das kaum mehr als eine Speicherungsform der gesprochenen
Sprache darstellt. Beide Konsequenzen lassen sich aber kaum aufrechterhal-
ten. Mit der chinesischen Schrift beispielsweise können sehr unterschied-
liche Dialekte des Chinesischen einheitlich geschrieben werden, weil sie
gerade nicht die lautliche Seite in den Vordergrund stellt. Die chinesische
Schrift fungiert deshalb bis heute im ganzen chinesisch geprägten Kultur-
raum als ein übergreifendes Kommunikationsmedium, obwohl sich manche
Sprecher wegen großer dialektaler Unterschiede gegenseitig kaum ver-
stehen können. Sogar Japaner können eine chinesische Zeitung recht gut
verstehen, obwohl das Chinesische mit dem Japanischen genauso wenig ver-
wandt ist wie das Deutsche mit dem Arabischen. In der japanischen Schrift
werden aber chinesische Schriftzeichen verwendet. Die Bedeutung der
Schriftzeichen, nicht ihr Lautwert sorgt für die Verbindung.
Warum Logogramme auch beim Lesen und Schreiben keineswegs schlecht
dastehen, sehen wir uns später noch genauer an. Von der Sprachwis-
senschaft wurde das Zeichensystem Schrift allerdings lange nur sehr
stiefmütterlich behandelt. Wenn Schrift nur dazu da ist - so die damalige
Aufassung -, gesprochene Sprache zu ixieren, dann gibt es kaum einen
Grund, sich mit ihr gesondert zu beschäftigen. Warum sich dann aber die
Orthograie nicht nur an den Sprachlauten orientiert, warum Sätze schrifts-
prachlich anders aufgebaut sind und Texte visuelle Elemente enthalten, die
überhaupt nicht in gesprochener Sprache dargestellt werden können, lässt
sich mit dieser Haltung nicht erklären. Deshalb ist es sinnvoller, das
Zeichensystem Schrift ernst zu nehmen und es von dem Zeichensystem der
gesprochenen Sprache abzugrenzen.
 
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