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dessen Auslaut mit zum Wort gehört, anders als bei »fällt«, dessen »t« eine
Personalendung darstellt. Auf diese Weise können wir buchstäblich sehen,
welches Wort gemeint ist, ohne dass wir es hören müssen. In der ge-
sprochenen Sprache müssen wir auf den Zusammenhang achten, um
herauszuinden, welches Wort gemeint ist. Die Eigenschaft, einerseits den
Wortaufbau (Morphologie), andererseits die lautliche Systematik (Phonolo-
gie) beim Schreiben von Wörtern darzustellen, nennt man das »morpho-
phonologische« Prinzip der deutschen Rechtschreibung.
An diesen Beispielen ist leicht zu erkennen, dass auf das System Schrift
verschiedene Faktoren einwirken, die zu berücksichtigen sind, wenn wir ver-
stehen wollen, unter welchen Bedingungen sich Lesen und Schreiben
vollziehen. Dies sind zum einen das Zeichensystem Schrift und die Ei-
genschaften, die sich darin nach und nach durchgesetzt haben, etwa das
morpho-phonologische Prinzip. Zweitens darf nicht vergessen werden, dass
es zum Lesen und Schreiben eines Trägers für die Schrift bedarf. Dieses Trä-
germedium beeinlusst das Aussehen der Schrift genauso wie die technis-
chen Möglichkeiten des Schreibens und die Wahrnehmung der Schrift beim
Lesen. Drittens beeinlussen auch die kognitiven Voraussetzungen des
Menschen - etwa seine Wahrnehmungs- und Lernfähigkeit - die Art und
Weise, wie wir lesen und schreiben. Und viertens stellt sich die Frage, wer
überhaupt die Kulturtechniken der Schrift einsetzt und wie. Wer liest und
schreibt, und wie geschieht dies? Diese Frage ist von großer Bedeutung,
wenn wir nachvollziehen wollen, wie die Schrift die ganze kulturelle
Entwicklung einer Gesellschaft beeinlussen kann. In den folgenden vier Ab-
schnitten wollen wir uns diese vier Faktoren genauer ansehen.
Kapitel 2.2
Das Zeichensystem Schrift
Im Laufe der Kulturgeschichte des Menschen ist die Schrift nicht nur einmal
entstanden, sondern mehrfach, unabhängig voneinander - die Keilschrift in
Mesopotamien und die ägyptischen Hieroglyphen vor etwa 5.000 Jahren, die
chinesische Schrift vor knapp 4.000 Jahren und die Maya-Schrift in Mittel-
amerika vor etwa 3.000 Jahren. 14 So unterschiedlich all diese Schriften
ursprünglich waren und sich später entwickelt haben, eines war ihnen ge-
meinsam: Es waren keine Alphabetschriften, durch sie wurden also
ursprünglich keine Laute dargestellt. Alle diese Schriften haben sich
 
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