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Kapitel 8.2
Replikation durch Sprache und Schrift
»Menschliche Sprache, zunächst gesprochen und dann […] geschrieben, ist mit Sicher-
heit das Hauptmedium der kulturellen Weitergabe, durch die eine Infosphäre gebildet
wird, in der kulturelle Evolution stattindet. Sprechen und hören, schreiben und lesen
- dies sind die zugrunde liegenden Technologien der Transmission und Replikation,
entsprechend den Technologien der DNA und RNA in der Biosphäre.« 289
Mit diesen Worten charakterisiert Daniel Dennett die Rolle von Sprache und
Schrift in der Memetik. Sprache ist, wie wir in den ersten Kapiteln dieses
Buchs gesehen haben, ein sehr gutes Instrument, um Erfahrungen und Wis-
sen zu vermitteln. Die Nachahmung indet dabei auf zwei verschiedenen
Ebenen statt: Sprechen wir in einer bestimmten Sprache, ahmen wir Wörter
und Konstruktionen dieser Sprache nach, denn schließlich haben wir diese
ja nicht selbst erfunden. Das Erlernen einer Sprache geschieht aus memet-
ischer Sicht durch Nachahmung, das heißt durch Wiederholung von
Wörtern, Wortgruppen und grammatischen Konstruktionen. Neben dieser
syntaktischen Seite gibt es auch eine semantische Seite der Nachahmung:
Wenn Sie einen Satz hören und verstehen, dann ahmen Sie die Satzbedeu-
tung nach, die der Sprecher dieses Satzes in seinem Kopf hatte. Der vom
Sprecher zum Hörer übermittelte Satz lässt sich als eine Anweisung ver-
stehen, genau diese Bedeutung aufzubauen. Bedeutung selbst kann nämlich
nicht durch Kommunikation übermittelt werden, sondern immer nur An-
weisungen zum Aufbau einer Bedeutung liefern. Insofern ist die Sprache ein
sehr efizientes Instrument, geistige Inhalte durch eine Art konstruierende
Nachahmung in mehreren Gehirnen in ähnlicher Form hervorzurufen. 290
Mit der Entstehung sprachlicher Meme hat sich der Mensch einen Weg er-
öfnet, für sein Überleben und für die Fortplanzung wichtige Erfahrungen
viel schneller in seinem Verhalten berücksichtigen zu können als andere Le-
bewesen. Wir sind zum abstrakten Lernen befähigt, wobei die Sprache das
zentrale Instrument darstellt. Andere Lebewesen können Erfahrungen nicht
oder nur in sehr eingeschränkter Form an ihre Nachkommen weitergeben.
Was ein Tier in seinem Leben an Fertigkeiten erworben hat, ist mit seinem
Tod verloren. Wichtige Erfahrungen müssen stattdessen in einem langwieri-
gen evolutionären Prozess aus Versuch und Irrtum (Variation und Selektion)
direkt in der DNA kodiert werden.
Wir Menschen haben uns also, das ist eine Quintessenz aus Dawkins The-
orie, durch die Hervorbringung von Memen aus den Fesseln der biologis-
 
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