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dass ihre Gegner allmählich aussterben und dass die heranwachsende Gen-
eration von vornherein mit der Wahrheit vertraut gemacht ist«, hatte Max
Planck schon 1948 erkannt. 272 Das ist der Weg, den die Wissenschaft nimmt
und der wie Fortschritt aussieht.
Kuhn beschreibt diesen Prozess als Evolution der wissenschaftlichen
Paradigmen: Es setzt sich durch, was an die wissenschaftlichen »Lebens-
bedingungen« am besten angepasst ist und sich am erfolgreichsten »fortp-
lanzt«. Nicht um biologische Organismen geht es dabei, sondern um Ideen,
Theorien und Modelle. Damit gehört Kuhn zu den ersten, die Darwins Evolu-
tionstheorie aus der Biologie herausgelöst und in den Bereich der Kultur
übertragen haben. 273 Die Kultur verändert sich evolutionär, und Lesen und
Schreiben sind Mechanismen der Reproduktion unterworfen. Wir werden
uns in diesem Kapitel mit diesem Gedanken genauer befassen und uns anse-
hen, wie sich die Digitalisierung auf den evolutionären Veränderungsprozess
der Kultur auswirkt.
Kapitel 8.1
Memetik
Die Gesetze der Evolution wurden zunächst in der Biologie erkannt. 274
Charles Darwin stellte während seiner berühmten Reise 1835 auf den
Galapagos-Inseln fest, dass Finken, die eigentlich ein und derselben Art an-
gehörten, unterschiedliche Schnabelformen besaßen je nachdem, auf welch-
er Insel des Archipels sie vorkamen. Sie hatten sich den jeweiligen Nahrung-
squellen anatomisch angepasst. Diese und viele andere Beobachtungen
führten ihn schließlich zu der Formulierung der Evolutionstheorie, die zuerst
1859 in dem Buch Über die Entstehung der Arten 275 von ihm dargelegt
wurde. Dies war der wichtigste Ausgangspunkt für die Entwicklung eines
ganz neuen Teilgebiets der Biologie, der Evolutionsbiologie. Sie basiert auf
nur wenigen Grundprinzipien, mit denen sie die Vielfalt der Lebensformen
zu erklären vermag. Zentral dabei ist, dass durch genetische Vererbung Ei-
genschaften von Generation zu Generation weitergegeben werden können,
wobei sich diese aus verschiedenen Gründen dabei verändern können
(»Mutation«). Mit der sexuellen Reproduktion hat die Natur sogar einen
»Mechanismus« geschafen, durch den sichergestellt wird, dass die Merk-
male zweier Individuen in neuer Kombination zusammengefügt werden. Die
Kodierungen vererbbarer Eigenschaften in der DNA werden auch als Gene
 
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