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Kapitel 7.4
Lernen
Der Mensch lernt nicht nur durch das Lesen von Büchern. Lernen ist eine
umfassende Tätigkeit, durch die wir Kenntnisse und Fertigkeiten erwerben
und die uns befähigen, Handlungen auszuführen, Meinungen zu vertreten
und Entscheidungen zu trefen. Lernen geschieht aber auch durch Texte, die
vom Lernenden gelesen werden oder die er selbst schreibt. In einem um-
fassenderen Sinne trägt Lernen wesentlich zur Bildung eines Menschen bei,
die als entscheidend angesehen wird für die Ausformung einer Persönlich-
keit. Im humanistischen Gymnasium wurde beides zusammengeführt: Der
Erwerb von humanistischer Bildung vor allem durch das Lesen und
Schreiben von Texten und die inhaltliche Auseinandersetzung mit klassis-
chen Autoren in Gestalt der Interpretation ihrer Werke. Der Gedanke, dass
Bildung sehr viel mit Lesen und Schreiben zu tun hat, prägt bis heute weite
Bereiche unseres Bildungssystems. Die Veränderungen der Kulturtechniken
der Schrift durch die Digitalisierung wirken sich schon jetzt auf diese Form
des Lernens aus, auch wenn sie institutionell bislang kaum aufgegrifen wur-
den. In welche Richtung also wird sich das Lernen durch Lesen und
Schreiben verändern? Um dies abzuschätzen, ist es notwendig, sich zur
vergegenwärtigen, wozu bestimmte Gegenstände überhaupt erlernt werden.
Lernen durch Lesen erfolgt immer dann, wenn es darum geht, sich Wissen
in Gestalt von Sachverhalten und Verfahrensweisen anzueignen. In der
Schule versucht man sich beispielsweise anhand eines Lehrbuchs bestimmte
historische Zusammenhänge einzuprägen oder die Vorgehensweise bei der
Durchführung eines chemischen Experiments. Beides lässt sich durch
Sprache gut vermitteln, doch auch andere Medien können gute, teilweise
besser geeignete Beiträge leisten. Heutige Schul- und Lehrbücher sind
längst hochgradig multimedial aufgebaut, denn bei richtigem Einsatz unter-
stützen Visualisierungen den Lernprozess sehr. Die von der Digitalisierung
hervorgerufene Tendenz zur Multimedialität kommt diesem Phänomen ent-
gegen. Inhalte, die über mehrere mediale Kanäle vermittelt werden, lassen
im Gehirn komplexere Muster entstehen, die über unterschiedliche Reize
aktiviert werden können. Wenn wir multimedial gelernt haben, erinnern wir
uns nicht nur sprachlich an bestimmte Sachverhalte - etwa beim Hören
eines Namens oder beim Lesen einer Jahreszahl -, sondern auch durch an-
dere »Auslöser«: durch das Bild eines Gebäudes oder eines Menschen,
 
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