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ehmend multimedial aufgeladen wird. Dabei hilft das Diktat nicht weiter,
sondern kann lediglich einzelne Teile der Textproduktion vereinfachen.
In vielleicht noch größerem Maße verändert das digitale Schreiben die
einzelnen Phasen der Textproduktion. Es beginnt auf der Ebene des Formu-
lierens: In einem Textverarbeitungsprogramm ist es so einfach, bereits Ges-
chriebenes abzuändern, dass dadurch der Formulierungsprozess selbst
entlastet ist vom Druck, Endgültiges hervorzubringen. Wörter können
nachträglich ersetzt und umgestellt, Satzteile ausgetauscht werden, Sätze
und ganze Textteile kann man im Nachhinein umstellen. Auch um Korrek-
theit und Vollständigkeit braucht man sich beim Schreiben nicht zu küm-
mern, wenn man es nicht möchte. Das führt dazu, dass das Schreiben spon-
taner erfolgt, Texte dadurch lüssiger, vielleicht aber auch informeller wer-
den, und zugleich der Überarbeitungsaufwand steigt. Die Kluft zwischen der
ersten und der endgültigen Textversion hat sich durch computergestützte
Textverarbeitung gewaltig vergrößert. Und wenn der Schreiber die so
wichtige Überarbeitung des Textes nicht mehr gewissenhaft durchführt,
werden Leser mit nur halbfertigen Texten konfrontiert. Dadurch wird das
»Schreibdenken« während des Schreibens ein anderes: Es wird entlastet
von den Zwängen des Formulierens und dadurch unmittelbarer, gleichzeitig
dürfte sich dadurch aber auch die sprachliche Tiefe des Textes, die aus dem
intensiven Nachdenken über Formulierungen resultiert, verringern. Hinzu
kommt dabei noch die Tendenz zu kleineren, in sich abgeschlossenen
Textteilen: Große, stark gegliederte Textgebäude haben es schwer gegen
vernetzte, leicht und in beliebiger Reihenfolge konsumierbare Textelemente.
Was diese Entwicklung in unseren schreibenden Gehirnen bewirken wird,
ist nicht klar. Die Verlagerung von Teilbereichen des Schreibens auf den
Computer wird uns davon befreien, mit den »Niederungen« des Textes
umgehen zu müssen. Orthograie, Interpunktion, Stil, sprachliche Korrek-
theit - all das kann der Computer beim Schreiben in absehbarer Zeit
übernehmen. Zwar entlastet uns dies und erlaubt uns, unsere
Aufmerksamkeit auf andere Dinge zu richten: auf die inhaltliche Seite des
Textes und seine Aussage. Zugleich trainieren wir unsere Gehirne aber auch
weniger anhand der ständigen Auseinandersetzung mit den elementaren
Aufgaben des Schreibens. Der Gehirnforscher Manfred Spitzer sieht dabei
vor allem die negativen Aspekte im Vordergrund stehen. In seinem Buch Di-
gitale Demenz weist er auf viele schädliche Folgen der Digitalisierung für
die Gehirnentwicklung hin. Beim Schreiben zum Beispiel macht er den Um-
stand, dass die Zeichen vom Schreibenden nicht mehr handschriftlich selbst
 
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