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Genauso wie beim Lesen kann der Computer natürlich auch beim Schreiben
zur Überwachung herangezogen werden. Das ist sehr einfach: Geheimdien-
ste oder Kriminelle können mit Viren oder Trojanern in fremde Rechner
eindringen und dort durch unerkannt im Hintergrund laufende Programme
aufzeichnen, was jemand auf diesem Rechner schreibt. Die im Sommer 2013
durch den »Whistleblower« Edward Snowden aufgedeckten »Abhör«-Prak-
tiken der amerikanischen National Security Agency (NSA) sind ja vor allem
»Mitlese«-Praktiken. Dass es kein größeres Problem darstellt, in der di-
gitalen Sphäre den Schreib prozess aufzuzeichnen, habe ich schon erwähnt.
Auch die Hintergrunddaten, die bei den vielen in diesem Abschnitt
geschilderten hybriden Schreibverfahren im Computer des Schreibenden an-
fallen, sind eine ergiebige Quelle für die Ausspähung.
Eine besondere Form der Aufzeichnung besteht darin, die Dynamik des
Tastenanschlags zu analysieren. Dazu wird nicht nur aufgezeichnet, welche
Taste gedrückt wurde, sondern auch wie lange und in welchem zeitlichen
Abstand zur vorhergehenden. Weil die Art und Weise, wie ein Mensch tippt,
eine sehr individuelle Angelegenheit ist, können derartige Daten sogar für
die Identiikation und Authentiizierung von Schreibern eingesetzt wer-
den. 223 Aus der Analyse des Schreibprozesses sind aber auch Hinweise da-
rauf zu erhalten, wie konzentriert oder wie lüssig ein Nutzer einen Text ges-
chrieben hat. 224 Aus diesem Grund ist die Analyse des Tastenanschlags auch
in digitalen Lernumgebungen von Interesse. 225 Wie sicher werden Aufgaben
bearbeitet, wie oft wird etwas korrigiert? Der Tastenanschlag kann sogar
Auskunft darüber geben, in welcher Stimmung jemand einen Text ges-
chrieben hat. Andere Möglichkeiten der Schreibanalyse ergeben sich aus
der genauen Untersuchung des Texts selbst: Gibt es größere Übereinstim-
mungen mit anderen Texten? Wurden womöglich ganze Textteile übernom-
men und nicht als solche markiert? Die Erkennung von Plagiaten ist sehr
viel einfacher geworden, seitdem sehr viele wissenschaftliche Texte digital
im Internet verfügbar sind.
Die Schreibanalytik wird bald nicht nur die Frage beantworten, was ein
Schreiber getan oder gedacht hat oder in welcher Verfassung er sich beim
Schreiben gerade beindet, sondern auch, was er als Nächstes tun oder wis-
sen möchte. Google Now , eine Anwendung auf dem Smartphone-
Betriebssystem Android, bemüht sich darum schon heute. Wenn man einen
Besuch in Hamburg plant und in der Web-Suche nach dem dortigen Wetter
am Wochenende sucht, bietet einem das Programm eine Route für die Fahrt
nach Hamburg oder eine Übersicht über passende Flugverbindungen an -
und zwar ohne dass man selbst diese Informationen gesucht hätte. Es han-
 
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