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Das digitale Schreiben mit der Tastatur ist immer ein Auswählen von
Zeichen, nicht ein Produzieren. 205 Die Zeichen werden nicht vom
Schreibenden gestaltet, sondern vom Computer. Weitere Gestaltungsmerk-
male sind gesondert festzulegen, durch Auswahl von Schriftart, -größe, -
schnitt und so weiter. Die Trennung von Inhalt und Form, die den digitalen
Text kennzeichnet, macht sich damit schon auf der elementaren Ebene der
Schrift bemerkbar: Das Zeichen selbst ist abstrakt, nichts als eine Bitfolge,
sein Aussehen variabel. Erst mit der digitalen Schrift ist deshalb eine
Tätigkeit entstanden, die als »Formatierung« bezeichnet wird: das Gestalten
eines Textes, ohne ihn dabei zu schreiben. Diese Tätigkeit besteht darin, der
Schrift und den Textteilen Darstellungseigenschaften zuzuordnen. Diese Ei-
genschaften lassen sich auch als solche speichern, in sogenannten
»Stylesheets«. Dabei handelt es sich um Dateien, in denen die Darstellung
von Texten festgelegt wird - sie sind gewissermaßen Texte ohne Inhalt, aus
reiner Form bestehend. Ein Textverarbeitungsprogramm wie Word erlaubt
dies in Gestalt sogenannter Formatvorlagen. Diese können von einem Text
auf einen anderen übertragen werden, um so eine bereits erstellte Form-
atierung wiederverwenden zu können.
Zur Formatierung gehören auch zwei Extremformen der Gestaltung: das
Hinzusetzen und das Verbergen von Textstücken. Beides setzt voraus, dass
die einzelnen Textteile unterschiedlichen Typen zugeordnet und ents-
prechend markiert sind, etwa im Sinne von SGML (s. Abschnitt 4.3). Dann
ist es möglich, die Anfangs- oder Endmarkierungen um weitere Zeichen zu
ergänzen. Häuig wird dieses Verfahren zur Erzeugung von Klammerungen
oder anderen Interpunktionen genutzt, vor allem aber für Aufzählung-
szeichen und Nummerierungen. Die andere, »radikale« Möglichkeit der
Formatierung besteht darin, einen Textteil unsichtbar werden zu lassen.
Sind etwa bestimmte Überschriften als Typ »Überschrift 3« deklariert,
können in Word alle so markierten Textteile komplett ausgeblendet werden,
so, als wären sie überhaupt nicht im Text enthalten. Auf diese Weise kann
eine beim Schreiben genutzte interne Untergliederung vor der Weiterver-
wendung des Textes herausgeiltert werden - ich selbst nutze diesen Trick
gerade beim Schreiben dieses Textes. Die Gestaltung digitaler Texte ist also
so variabel, dass auch Textteile neu entstehen oder verschwinden können.
Die digitale Basis, die Kette der Schriftzeichen im Speicher des Computers,
unterliegt bei alldem keiner Veränderung.
Aber auch die Zeichen im Speicher sind veränderlich, und das macht den
zweiten großen Unterschied beim digitalen Schreiben aus. Textteile können
gelöscht werden, so dass sie, im Gegensatz zum gerade erläuterten Verber-
 
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