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Lesen digitaler Texte jedoch erfordert einen wesentlich höheren gedank-
lichen Aufwand dazu, wie Informationen organisiert sind und wie beim
Lesen vorzugehen ist.
Bislang haben wir uns die Tendenz zur Multimedialisierung des Lesens am
Beispiel von Web-Seiten angesehen. Es gibt einen weiteren Texttyp, der in
den letzten zwanzig Jahren einen ungeheuren Aufschwung erlebt hat: die
Präsentation. Abgehalten mit einem Präsentationsprogramm wie Powerpoint
oder Keynote über ein Laptop, an das ein Datenprojektor angeschlossen ist,
ist diese Kommunikationsform nur auf den ersten Blick die technisierte
Fortsetzung des Vortrags mittels Folien und Overheadprojektor. 184 Diese Art,
Informationen zu vermitteln, war hervorgegangen aus den Einsatzbe-
sprechungen des amerikanischen Militärs und hatte nach dem Zweiten
Weltkrieg ihren Weg in Unternehmen und Universitäten gefunden. Power-
point, das am weitesten verbreitete Präsentationsprogramm, war zunächst
nur dazu gedacht, Overhead-Folien einfacher zu gestalten. Erst später kam
eine Funktion hinzu, die es erlaubte, die Folien auch direkt bildschirmfül-
lend darzustellen. Auf diese Weise wurde es möglich, eine Präsentation
direkt mit einem Computer, ohne Umweg über Folien, abzuhalten. Präsenta-
tionen werden bis heute meistens als eine Abfolge von »Folien« gestaltet,
die aber neben Graiken und Fotos auch Animationen, Audio- und Video-
Clips enthalten können.
Präsentationen haben zu einem gewaltigen Multimedialisierungsschub im
Bereich des öfentlichen Redens geführt. Kaum ein Meeting, keine Konfer-
enz, auf der nicht Präsentationen abgehalten werden. Und sie haben ja auch
eine wichtige Funktion: Nicht jeder ist in der Lage oder hat die Zeit, einen
geschlifenen Vortrag vorzubereiten, in vielen Fällen ist das auch gar nicht
erwünscht. Stattdessen sollen Informationen vermittelt werden - portioni-
erbar, per E-Mail verschickbar und vor allem multimedial. Inhalte werden oft
dreifach verpackt: als Rede, als Text und durch Graiken. In guten Präsenta-
tionen gehen alle drei Vermittlungsarten eine Einheit ein und ergänzen sich
gegenseitig wie in einem Theaterstück, in schlechten dienen textlastige
Folien dem Referenten als öfentlich einsehbare Notizen. Interessant an
Präsentationen ist aber, dass Informationen hier von vornherein anders auf-
bereitet werden: Präsentationen können nicht geschrieben werden wie eine
Rede, und sie können nicht gelesen werden wie Seiten eines Buchs. Jede
Folie bildet eine thematische Einheit, und die Zuschauer lesen die Folien ge-
meinsam in einem Rhythmus, der vom Referenten vorgegeben wird. Und
weil es sehr leicht ist, Graik, Bild und Video auf einer Folie zu platzieren,
nutzen die Referenten dies auch aus. In der Wissenschaft etwa kann man
 
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