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Abb. 1.75 Kenbak-1
soren einsetzte, die preisgünstig und doch (für ihre Zeit) leis-
tungsstark waren. Nach dem 8008 kamen 8080, Z80, 8088
in die Micral-Gehäuse. Bereits im Jahre 1974 wurden die
Micral-Rechner mit einer eigenen separaten Tastatur ausge-
liefert. Im Jahre 1975 kamen die ersten Varianten mit Fest-
platte auf den Markt und 1976 folgte der erste Micral, der als
Multiprozessor-System arbeitete. Als besonders erfolgreich
erwies sich die Serie G, eine Anfertigung speziell für den
Schulunterricht.
Blankenbaker war 1970 der Ansicht, dass ein guter Zeit-
punkt gekommen wäre, um einen kleinen Computer zum
Spaß und für die Bildung zu konstruieren. Er gründete die
Kenbak Corporation und entwickelte den Kleinrechner
Kenbak-1, welcher auf einer kleinen Anzahl integrierter
Schaltungen basierte. Ein Jahr später verkaufte er die bei-
den ersten Rechner an eine private Mädchenschule. Als dann
offensichtlich wurde, dass die Kenbak Corporation nicht
proitabel arbeitete, wurde die Entwicklung des Computers
an die C.T.I. (einer Gesellschaft für Schul- und Kollegpro-
dukte) verkauft.
Der Kenbak-1 besaß noch keine CPU, sondern funktio-
nierte mit TTL- (Transistor-Transistor Logic) Chips. Die
Speichergröße betrug 256 Byte. Gebaut wurden nur 40-
60 Exemplare dieses 8-Bit-Rechners. Die Produktion erfolgte
in den Jahren 1971 bis 1973. Der Preis lag bei 750 US$. Die
Programmierung konnte nur in Maschinencode erfolgen.
Am 15. Januar 1973 lieferte die französische Firma R2E
(Réalisation et Etudes Electroniques) den ersten Rechner aus,
der mit einem Mikroprozessor arbeitete und nicht als Bas-
telsatz vertrieben wurde. Der Micral-N ( Abb. 1.76 ) getaufte
Rechner wurde ix und fertig verschraubt ausgeliefert und war
derjenige Rechner, der den Begriff Mikrocomputer prägte,
unter dem in Folge kleine, billige und einfach erweiterbare
Kleinrechner zusammengefasst wurden.
Abb. 1.77 Francois Gernelle
Die ersten Micral-N gingen im Januar an das INRA (Insti-
tut National de la Recherche Agronomique), das nicht genug
Geld hatte, den damals allgemein verwendeten Minicomputer
von Digital Equipment, den PDP-8, zu kaufen.
Der von R2E gefertigte Micral-N kostete 8500 Francs.
Als Betriebssystem kam das selbst entwickelte Sysmic zum
Einsatz, ein „System-Moniteur“, das nach und nach zu einer
umfassenden Mischung aus Betriebssystem und Program-
miersprache ausgebaut wurde, die 1978 den Namen Pro-
logue erhielt und frühzeitig das Multitasking beherrschte.
R2E baute etwa 90.000 Einheiten in der Micral-Reihe, die
vor allem an Universitäten und Schulen das Fach Informatik
aufblühen ließen. Zu denen, die am Micral-N ihre Grund-
ausbildung genossen, gehörte Philippe Kahn , der später in
den USA die Firma Borland gründete und mit dem auf dem
Micral entworfenen Turbo Pascal Erfolge feierte.
Für Kahn war der Micral das leuchtende Beispiel, wie man
abseits amerikanischer Standards Erfolge feiern konnte. Diese
Sicht der Dinge plegt auch Francois Gernelle, der „Vater“ der
Micral-Rechner. In seinen Erinnerungen spricht er vom „lud-
disme américaine“. Dem amerikanischen Maschinensturm
ielen Gernelles Rechner zum Opfer, als der Bull-Konzern die
Firma R2E übernahm und auf das Betriebssystem MS-DOS
standardisierte. Mit seinen Rechnern ist Gernelle, der ein Pa-
tent für die Bustechnik und das Steckkartenprinzip hält, nie
reich geworden. Vier Jahre dauerte ein aufwendiger Prozess,
den Gernelle gegen André Truong führte, dem Inhaber von
R2E. Jahrelang ließ sich Truong als Erinder des Mikrocom-
puters feiern, bis Gernelle gewann.
Doch schon vorher hatten sich die beiden auseinander ge-
lebt. Im Jahre 1975 bot der amerikanische Computerbauer
Honeywell dem Erinder und dem Inhaber jeweils zwei Mil-
Abb. 1.76 Micral-N
Der modular aufgebaute Micral besaß ein Bussystem,
Pluribus genannt, das mit Steckkarten für den Arbeitsspei-
cher und den Prozessor sowie für die seriellen und parallelen
Ports bestückt wurde. Als Prozessor verwendete man den
mit 500 KHz getakteten Intel 8008, einen auf 8-Bit-Betrieb
„aufgebohrten“ Intel 4004, den keiner der etablierten Com-
puter- und Terminalproduzenten einsetzen wollte, weil er zu
langsam war. Mit einem Team von drei Mitarbeitern schuf der
Ingenieur François Gernelle ( Abb. 1.77 ) rund um den 8008
eine veritable Rechnerfamilie, die nacheinander alle Prozes-
 
 
 
 
 
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