Information Technology Reference
In-Depth Information
Einsatz von Tauchrobotern weitere Teile des Räderwerks
gefunden werden können.
Es stellt sich zum Schluss die Frage, wer der geniale
Schöpfer des Räderwerks war und ob es ein einmaliger Ge-
niestreich war, ein beispielloser Vorgriff auf die Handwerks-
kunst der Neuzeit? Über diese Frage wird immer noch kon-
trovers diskutiert. Derek Price vermutete den Astronomen
und Mathematiker Geminos von Rhodos als Schöpfer. An-
dere Wissenschaftler spekulieren, dass das Räderwerk in der
Stoa-Schule des Philosophen Poseidonios konstruiert worden
sein könnte. Diese Schule auf Rhodos war zur damaligen Zeit
ein Zentrum der antiken Himmelskunde. Sie begründen dies
mit Hinweisen von Cicero, der die Stoa-Schule besucht hatte
und von einem Instrument berichtet, welches „bei jeder Um-
drehung die Bewegungen der Sonne, des Mondes und der
fünf Planeten nachvollzieht“. Der gleiche Cicero erwähnt die
„Sphären“ des Archimedes, bronzene Planetarien, die den
Lauf von Sonne, Mond und Planeten nachspielen. Er berichtet
ferner, dass schon Jahrhunderte vor Archimedes solche Him-
melssphären von Thales und Eudoxos gebaut worden seien.
Allerdings ist bekannt, dass viele antike Chronisten, darun-
ter auch Cicero, zu fantasievollen Übertreibungen neigten.
Es kann sich hierbei auch um einfache mechanische Geräte,
ähnlich einem Globus mit zusätzlichen Bahnen für Himmels-
körper, gehandelt haben.
Michael Wright, der inzwischen am Imperial College in
London arbeitet, ist der Ansicht, dass das Rechenwerk von
Antikythera kein Unikat war. Seiner Meinung nach muss es
Dutzende, vielleicht sogar Hunderte solcher Geräte gegeben
haben. Als Begründung führt er an, dass nach seiner Ansicht
einige Teile des Räderwerks zuvor in anderen Geräten einge-
baut waren. Allerdings ist dies nicht einwandfrei zu belegen.
Gegen diese Theorie spricht auch, dass in diesem Fall exak-
tere Beschreibungen aus der Antike überliefert wären als die
vagen Hinweise von Cicero. So kann man vermuten, dass
das Räderwerk von Antikythera ein Unikat ist, welches zu
einem Heiligtum in Kleinasien oder der Ägäis gehörte. Hier-
mit konnten die Priester zukünftige Himmelsereignisse vor-
hersagen und damit ihren Ruf festigen, in die Zukunft blicken
zu können. Fest steht jedoch, dass das Räderwerk von Anti-
kythera die erste bis heute gefundene Rechenmaschine der
Welt ist, ein Astro-Computer, der in seiner ingenieurmäßigen
Leistung seiner Zeit um Jahrhunderte voraus war. Vielleicht
muss nach der Entschlüsselung seiner letzten Geheimnisse
unser Bild vom Wissens- und Technologiestand der Antike
neu geschrieben werden.
 
Search WWH ::




Custom Search