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Ein zuvor von ihm gebauter Prototyp ging in den Wirren des
Dreißigjährigen Krieges verloren.
Wilhelm Schickard wurde nicht weit von Tübingen in Her-
renberg am 22. April 1592 geboren. Sein Vater war Schreiner
und Werkmeister, sein Urgroßvater der Herrenberger Bild-
schnitzer, von dessen Kunst noch heute das schöne Chorge-
stühl der dortigen Stiftskirche zeugt. Der so hochberühmte
Baumeister Heinrich Schickard war sein Onkel, seine Mutter
eine Pfarrerstochter aus Gärtringen. Schickard studiert Theo-
logie und Sprachen am Tübinger Stift, allerdings auf sehr
breiter allgemeinwissenschaftlicher Grundlage, die dieses In-
stitut erlaubte. Schon 1611, also 19-jährig, wird er Magister,
1614 Diakon in Nürtigen. Im Jahr 1617 begegnet er zum ers-
ten Mal Kepler . Der erkennt sofort seine hohe Begabung, regt
ihn zur Fortsetzung mathematischer Studien an und schätzt
ihn zeitlebens insbesondere als erin dungsreichen Mechani-
cus und ausgezeichneten Zeichner und Kupferstecher.
In Abb. 7.4 ist Schickard mit einem von ihm gebauten
Handplanetarium ( Abb. 7.5 ) zu sehen. Es dürfte das weltweit
erste copernicanische Planetarium sein. Erst 1977 erkannte
Ludolf von Mackensen seine Funktion und konstruierte einen
Nachbau.
Abb. 7.4 Wilhelm Schickard
Abb. 7.5 Rekonstruktion des Handplanetariums
Vor der „Schlacht“ bei Tübingen 1631 loh Schickard mit
seiner ganzen Familie auf das damals so nahe liegende ös-
terreichische Gebiet. Im Jahre 1634 kaufte er in Tübingen
ein Haus, das für astronomische Beobachtungen günstig lag,
und hoffte auf ruhigere Zeiten. Aber nach der Schlacht bei
Nördlingen 1634 kamen die katholischen Truppen nach Tü-
bingen und brachten die Pest mit. Schickard sah seine ganze
Familie bis auf seinen neunjährigen Sohn sterben. Seine Frau,
drei Töchter, zwei Mägde und ein Student wurden in diesem
Hause in kurzer Zeit dahingerafft. Zuvor war seine Mutter
von Kriegsvolk erschlagen worden.
Schickard entwich mit seinem nun einzigen Kind für
kurze Zeit nach Dusslingen, bekam aber Heimweh nach Haus
und Bibliothek, kehrte zurück und starb auch am 23. Okto-
ber 1635 an der Pest. Sein kleiner Sohn wurde einen Tag nach
ihm begraben.
Der württembergische Herzog Friedrich setzte sich 1619
für eine Professur Schickards an der Universität Tübingen für
Hebräisch ein. Aufgrund dieser Fürsprache wird Schickard als
Professor für Hebräisch, Aramäisch und andere biblische Spra-
chen an die Tübinger Universität berufen. Er arbeitete eng mit
Michael Mästlin zusammen, dem alten, berühmten Mathemati-
ker und Astronomen, dem Lehrer Keplers, einem der ersten As-
tronomen, die sich entschieden zur kopernikanischen Lehre be-
kannten. Im Jahre 1631 wurde er dessen Nachfolger und lehrte
nun auch Astronomie, Mathematik und Geodäsie. In dieser Zeit
erbrachte er spektakuläre technische und wissenschaftliche
Leistungen. Er erdachte Modelle, die er in detaillierten Schrif-
ten und Skizzen festhielt. Von ihm stammen Betrachtungen zur
hebräischen Grammatik ebenso wie kartograische Landesauf-
nahmen zur Vermessung Württembergs. Er konstruierte neben
dem Handplanetarium auch die Rechenstäbchen und die im
nachfolgenden beschriebene berühmte „Rechenuhr“.
 
 
 
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