Environmental Engineering Reference
In-Depth Information
Auf die unterschiedliche Interpretation der Ergebnisse dieser vergleichenden Ökobilanz wird
im Kap. 7.1 Polymilchsäure eingegangen.
Abschließend muss betont werden, dass trotz der Tatsache, dass die Ökobilanzierung eine
Methode ist, die möglicherweise nicht abschließend und endgültig definiert ist, dieses Instru-
ment unabdingbar ist, um eine Umweltwirkung eines Produktes abzuschätzen und der anderer
Produkte gegenüberzustellen.
Biogene Werkstoffe allgemein, Biokunststoffe im Speziellen und vor allem Naturfaser-ver-
stärkte Werkstoffe sind hinsichtlich ihrer Ökobilanz besonders interessant, wenn es um die
Nutzungsphase geht, da diese Werkstoffe ein großes Leichtbaupotential besitzen. Dieser Effekt
wird besonders bedeutsam, wenn die Nutzungsphase den Gesamteffekt dominiert. Dies ist
typischerweise z. B. bei einem Automobil der Fall - ganz im Gegensatz zu einer Kunststoff-
Tragetasche oder einer Kunststoffverpackung, die eine ausgesprochen kurze Nutzungsphase
haben. Bei Automobil-Anwendungen hat sich allerdings wie oben beschrieben gezeigt, dass
auch höhere Aufwendungen bei der Herstellung des Werkstoffes oder eines Formteils durch
Vorteile bei der langen Nutzungsphase überkompensiert werden, so dass sich in der Summe
eine positive Gesamtbilanz ergeben kann.
Dies trifft z. B. auf Automobilaußenhautteile aus Aluminium zu, deren Herstellung durch die
energieintensive Aluminiumherstellung bilanziell nachteilig gegenüber Stahlteilen ist. Aller-
dings wird durch das niedrigere Gewicht der Aluminiumbauteile über die Lebensdauer des
Fahrzeugs und die typischerweise lange Nutzungsdauer eine positive energetische Gesamt-
bilanz erzielt. Es wurde beispielsweise gezeigt, dass die Herstellung eines PKW-Heckdeckels
(„Kofferraumdeckel“) aus Aluminium trotz der hohen Energieaufwendungen für die Herstel-
lung des Rohstoffs durch eine lange Nutzungsphase in einem hochwertigen Automobil zu CO 2 -
bilanziellen Vorteilen führt, weil der Kraftstoffverbrauch des Fahrzeugs durch die Leichtbau-
weise sinkt. Im Vergleich mit Stahl gilt dies ebenfalls für faserverstärkte duroplastische Kunst-
stoffbauteile in Form von Automobilaußenhautteilen [114].
Da Verkehr bzw. Transport in Deutschland ca. 28 % des Endenergieverbrauchs ausmacht
[115], ist Gewichtseinsparung bei Fahrzeugen von großer Bedeutung im Hinblick auf die Ver-
ringerung von CO 2 -Emissionen. Kunststoffe und vor allem faserverstärkte (auch Naturfaser-
verstärkte) Kunststoffe können hier einen wichtigen Beitrag leisten, wie die Aktivitäten der
Automobilhersteller zeigen, die vermehrt diese Materialien einsetzen und die Verwendung
klassischer Werkstoffe reduzieren. Insbesondere bei Elektrofahrzeugen, die den Nachteil der
großen Batteriegewichte besitzen, ist die Gewichtseinsparung beim restlichen Fahrzeug beson-
ders wichtig. Einige Automobilhersteller setzen hier ganz deutlich auf Verbundwerkstoffe,
inzwischen sogar bei der Karosserie von Großserienfahrzeugen [116]. Wenn diese Verbund-
werkstoffe durch die Verwendung biogener Matrices und die Verwendung der besonders leich-
ten Naturfasern auf eine biogene Basis gestellt werden könnten, wäre die Möglichkeit gegeben,
am Ende des Fahrzeuglebens Bauteile auch in erster Näherung CO 2 -neutral einer thermischen
Verwertung zuzuführen, wenn keine stoffliche Wiederverwertung möglich ist. Ökobilanziell
wären dann durch die Nutzung der biogenen Werkstoffe große Vorteile zu erwarten.
2.10 Ökonomische Situation bei Kunststoffen
Eine Darstellung der stofflichen Nutzung nachwachsender Rohstoffe kommt nicht ohne eine
Betrachtung der ökonomischen Situation aus. Natürlich existieren einige - insbesondere tradi-
tionell genutzte - biogene Werkstoffe, die auch hinsichtlich der Kosten mit nicht-biogenen
Konkurrenzprodukten wettbewerbsfähig sind. Das trifft z. B. auf Holz als Konstruktionswerk-
 
 
Search WWH ::




Custom Search