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18 Zusammenfassung und Ausblick
Die stoffliche Nutzung nachwachsender Rohstoffe gewinnt zunehmend an Bedeutung. Antrieb
für diese Entwicklung sind u. a. der Klimawandel und die Notwendigkeit, begrenzte, vor allem
fossile Ressourcen zu schonen. Die Nutzung nachwachsender Rohstoffe und Werkstoffe ist
besonders interessant, wenn diese Materialien am Ende ihres stofflichen Lebens energetisch
genutzt werden können (Kaskadennutzung). Die Werkstoffe setzen dann aus den biogenen
Komponenten nur so viel Kohlenstoff in Form von CO 2 frei, wie die zugrunde liegenden Orga-
nismen während der Wachstumsphase gebunden haben.
Die Bandbreite an nachwachsenden Materialien ist groß und reicht von Proteinen wie Leder,
Seide und Wolle über Kohlenhydrate wie Stärke, Cellulose, Chitin und Alginaten bis zu Ölen
und Fetten. Weitere Stofffamilien wie biogene Netzwerke mit den Stoffen Lignin, Kork und
Kautschuk sind ebenfalls relevant. Insbesondere der biogene Verbundwerkstoff Holz bestehend
aus Cellulose und Lignin ist von großer Bedeutung. Das Holz bildet einen der größten Stoff-
ströme der Menschheit und ist der wichtigste biogene Werkstoff. Es wird etwa in gleichem
Umfang stofflich und energetisch genutzt. Manche Materialien wie z. B. Japanlack (Urushi)
besitzen zwar eine vernachlässigbare ökonomische Bedeutung, sind aber aus strukturchemi-
schen Gründen interessant, und können so Ansätze für die Entwicklung weiterer Werkstoffe
oder Werkstoffmischungen geben. Im Wesentlichen werden in diesem Buch biogene Materia-
lien in Form von Polymeren betrachtet.
Die Anwendungen biogener Stoffe bzw. Werkstoffe sind ebenso vielseitig wie ihr chemischer
Aufbau. Sie reichen von Baustoffen (Holz, Halmgüter wie Schilf oder Miscanthus) über Be-
kleidung (Leder, Wolle, Baumwolle, Seide) bis zu Lebensmittelverpackungen (Wursthüllen aus
Kollagen oder Cellulose, Biokunststoffverpackungen). Zahlreiche Materialien sind für einfache
Bedarfsgegenstände geeignet (z. B. diverse Biokunststoffe) oder für Bauteile der Automobil-
oder Elektroindustrie (z. B. Naturfaser-verstärkte Verbundwerkstoffe, unverstärkte Biokunst-
stoffe). Schmiermittel (aus Pflanzenölen) oder Tenside (aus Pflanzenölen oder Sacchariden)
sind Anwendungen, bei denen die biogenen Stoffe in Form ihrer Monomere zum Einsatz kom-
men. Als duroplastische Verbundwerkstoffmatrices können nur wenige aber leistungsfähige
Stoffe genutzt werden (Pflanzenöle, Furfurylalkohol). Leistungsfähige Thermoplaste und Elas-
tomere sind Polyamide bzw. Polyurethane (z. T. auf Basis von Pflanzenölen). Während in den
meisten Anwendungsfeldern die Notwendigkeit besteht, mit niedrigen Preisen der Wettbe-
werbsmaterialien zu konkurrieren, sind in der Medizin bzw. regenerativen Medizin Produkte
mit hoher Wertschöpfung möglich (Implantate aus Kollagen, Chitin, Polymilchsäure, Seide).
Die chemische Natur der Stoffe bzw. deren chemische Grundstruktur bestimmt immer das
Anwendungsverhalten. Zum Teil führen kleinste strukturelle Änderungen zu erheblichen Un-
terschieden im mikroskopischen und makroskopischen Verhalten, wie das z. B. bei Stärke und
Cellulose der Fall ist, die beide aus Glucose-Einheiten aufgebaut sind.
Trotz einer oft überlegenen Ökologie ist die Ökonomie von Produkten auf Basis nachwachsen-
der Rohstoffe meist noch ein Hindernis in Bezug auf eine breite Marktdurchdringung. Ver-
braucher sind überwiegend noch nicht bereit, höhere Preise für Produkte aus biogenen Materia-
lien zu bezahlen, auch wenn diese ökologisch vorteilhaft sind und besser für die menschliche
Gesundheit. Allerdings ist in vielen Fällen die „ökologische Last“, die die konventionellen
Produkte mit sich bringen, nicht in den Produkten eingepreist. So können die ökologisch oder
 
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