Environmental Engineering Reference
In-Depth Information
Leinöl enthält neben den Hauptfettsäuren Öl-, Linol- und Linolensäure außerdem Palmitinsäu-
re und Stearinsäure. In der Summe hat Leinöl von den oben gezeigten Pflanzenölen durch
seinen hohen Anteil an dreifach ungesättigter Linolensäure den höchsten Doppelbindungsan-
teil. Die Bestimmung der Anzahl der Doppelbindungen über die Jodzahl [1] wird in der Praxis
z. B. über eine Titration mit Brom sowie Umrechnung auf Jod durchgeführt. Die Methode setzt
zur Berechnung der Doppelbindungsanzahl die Kenntnis der mittleren Molmasse des Leinöls
voraus, das ein Gemisch verschiedener Moleküle ist. Daher findet sich je nach Rohstoff und
Methodik eine gewisse Bandbreite von Werten zur Doppelbindungsanzahl von Leinöl, die
meist in der Größenordnung zwischen 5 und 6 angegeben wird [3], [11], [12], [13].
Da C=C-Doppelbindungen reaktive chemische Gruppen sind, ist Leinöl zu Vernetzungsreak-
tionen befähigt, kann somit duroplastische Systeme durch dreidimensionale Quervernetzung
ausbilden (siehe Kap. 2.3). Durch den hohen Doppelbindungsanteil ist Leinöl immer vielver-
sprechend, wenn hohe Vernetzungsdichten erzielt werden müssen. Sojaöl, Rapsöl und Sonnen-
blumenöl, die weltweit in den größten Mengen produziert werden (siehe Bild 319), besitzen
weitaus geringere Doppelbindungsanteile und sind daher im Hinblick auf eine Nutzung als
dreidimensional vernetzbare Bindemittel mit duroplastischem Charakter weniger geeignet.
Die Fettsäurezusammensetzung und damit der Doppelbindungsanteil ist auch bestimmend für die
Fähigkeit der Öle, mit Luftsauerstoff zu reagieren und auf diese Weise dreidimensional zu ver-
netzen. Anhand der Reaktion an der Luft unterteilt man Öle in Trocknende Öle (wie z. B. Leinöl),
Halbtrocknende Öle (wie z. B. Sojaöl) und Nichttrocknende Öle (wie z. B. Rizinusöl) [14].
Da Leinöl ein Nahrungsmittel ist, stellt sich die Frage nach alternativen Rohstoffquellen für
Öle, die ggf. in Form von Algen vorliegen. Algen besitzen hohe Anteile von Lipiden, die oft
zwischen 30 und 50 %, seltener bis zu 80 %, der Trockenmasse ausmachen [15]. Es können
sehr hohe Anteile langkettiger ungesättigter Fettsäuren (C 16 -C 20 ) enthalten sein [16], [17].
Schon 1956 wurde über Versuche mit Grünalgen berichtet, deren Wachstum durch Eintrag von
Kohlendioxid aus Abgasen in den Reaktor optimiert werden sollte [9].
Anwendungen
Triglyceride sind neben Milchsäure/Polymilchsäure (Kap. 7.1) und Cashew Nut Shell Liquid
(Kap. 15.1) eines der wenigen hier gezeigten Stoffbeispiele, bei denen eine monomere Nutzung
und eine Nutzung in Form des Polymers möglich sind und auch durchgeführt werden. Beispie-
le für nicht-monomere biogene Moleküle, die für die Anwendung weiter vernetzt werden, sind
Kautschuk (in der Natur als Polymer, Kap. 6.1.1) und Schellack (in der Natur als Oligomer,
Kap. 5.3).
 
Search WWH ::




Custom Search