Environmental Engineering Reference
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Ökonomische Aspekte
PVC ist nach PE und PP der drittwichtigste Massenkunststoff und hat in Europa einen Anteil
von 12 % an der Gesamtmenge der Kunststoffproduktion von 46,4 Millionen Tonnen [7], also
ca. 5,6 Mio t/a. Weltweit beträgt die Produktionsmenge von PVC mehr als 35 Millionen Ton-
nen mit einer Wachstumsrate von 5 % pro Jahr [8] - nach 220.000 Tonnen im Jahr 1950 [9]. In
Deutschland wurden 2004 1,9 Millionen Tonnen produziert [5].
Trotz der ökologischen Situation, die bei diesem Werkstoff kritischer ist als bei den meisten
anderen Massenkunststoffen, ist er durch sein Eigenschaftsprofil in einigen typischen Anwen-
dungen nicht leicht durch andere Kunststoffe zu ersetzen. Hierzu zählen beispielsweise die
Hauptanwendungen Fensterrahmen, Kabelummantelungen oder Blutbeutel. Fensterrahmen
lassen sich jedoch sehr gut aus Holz herstellen, wenn man als Anwender bereit ist, auf die sehr
weitgehende Pflegeleichtigkeit der PVC-Rahmen zu verzichten. Der Ersatz in hochspezialisier-
ten Produkten wie Blutbeuteln, die vom Volumen her nicht sehr bedeutend sind, jedoch eine
sehr wichtige Anwendung darstellen, erscheint als wenig sinnvoller Ansatz. PVC ist angesichts
des Eigenschaftsprofils mit Preisen zwischen 1,20 €/kg und 1,40 €/kg ein sehr günstiger Kunst-
stoff (siehe Bild 60).
Ökologische Aspekte
Hinsichtlich ökologischer Eigenschaften ist PVC einer der problematischeren Kunststoffe. Die
Problemfelder sind mannigfaltig und werden insbesondere durch die Verwendung eines bioge-
nen Monomers für die Herstellung von Ethylen in keiner Weise vermindert. Daher sollen die
wichtigsten Punkte hier kurz betrachtet werden:
Vorteilhaft ist, dass PVC ein Werkstoff ist, der sich vergleichsweise gut wiederverwerten lässt.
Es ist auch ein funktionierendes Wiederverwertungs-System - vor allem in Deutschland -
eingerichtet und die Recycling-Quote beträgt mehr als 75 % [9]. Da die überwiegende Anwen-
dung Fensterrahmen sind - ein vergleichsweise großes Produkt mit langer Lebensdauer - ist
das Etablieren eines Recycling-Systems einfacher als bei kleinteiligen, kurzlebigen Produkten.
Außerdem kommen als Weichmacher teilweise epoxidierte Pflanzenöle (siehe Kap. 16.5) zum
Einsatz, so dass der biogene Anteil an der Rezeptur noch höher sein kann, als bei alleiniger
Verwendung der biogenen Rohstoffquelle Ethylen. Positiv ist weiterhin zu bewerten, dass
durch die Verarbeitung des partiell biogenen Produkts zu einem Produkt mit sehr langer Nut-
zungsdauer (Fensterrahmen) eine sehr langfristige Bindung des biogenen Kohlenstoffs erfolgt.
Die Nachteile sind jedoch auch zahlreich: Vinylchlorid, das Monomer zur Herstellung von
PVC, ist in der EU als kanzerogen (Kategorie 1) eingestuft und löst zahlreiche negative physio-
logische Effekte aus [10]. Auch die Herstellung von Chlor ist nicht unproblematisch, vor allem
das Amalgam-Verfahren, das mit einer Quecksilber-Kathode arbeitet, zurzeit aber in der Ablö-
sung durch modernere Verfahren begriffen ist. Darüber hinaus sind im PVC Stabilisatoren
erforderlich, die auch heute noch aus Blei-Verbindungen wie Blei-Sulfaten, -Sulfiten, -Phos-
phiten und -Stearaten bestehen. Erst 2015 werden Pb-Stabilisatoren aus dem Markt genommen
[3]. Da PVC allerdings zu einem sehr hohen Anteil wiederverwertet wird, werden die Pb-
Stabilisatoren noch lange im Kreislauf verbleiben. Weiterhin sind Weichmacher erforderlich,
die zu mehr als 10 Gewichtsprozent bezogen auf die Rezeptur eingesetzt werden müssen, um
eine Wirkung zu entfalten. Es kommt eine Reihe von Substanzen in Frage, zu denen auch
Phthalate gehören. Teilweise besitzen sie - wie z. B. Dibutylphthalat - eine hormonähnliche
Wirkung, sind fruchtschädigend und beeinträchtigen die Fertilität [11]. Schließlich ist eine
thermische Verwertung von PVC problematisch, da sich dabei Salzsäure (HCl) bildet und unter
 
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