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Struktur / Eigenschaften
Chemische Eigenschaften Polymilchsäure:
Eine der wesentlichen Eigenschaften von Polymilchsäure, die auch für den praktischen Einsatz
eine große Rolle spielt, ist die biologische Abbaubarkeit. Der biologische Abbau vollzieht sich
aber unter normierten industriellen Bedingungen, die im Kap. 2.6 dargestellt sind. Ein Abbau
bzw. eine Kompostierung im häuslichen Komposter oder in der Umwelt kann ggf. deutlich lang-
samer ablaufen. Tabelle 90 zeigt die zeitliche Entwicklung des Abbaus eines dünnen Films von
500 µm Dicke. Auf einer Zeitskala von 35 Tagen wird eine erhebliche Abnahme der Molmasse
(Zahlenmittel M n und Gewichtsmittel M w ) beobachtet. Auch Glasübergangstemperatur (T g )
und Schmelztemperatur (T m ) nehmen ab. Die beim Zerfall insgesamt freiwerdende Wärme-
menge ΔH f nimmt zu.
Tabelle 90 Effekt der Hydrolyse von Polymilchsäure bei pH 7,4 und 37°C. Zeitabhängigkeit des Ge-
wichtsverlusts, Zahlenmittel M n und Gewichtsmittel M w , Glasübergangstemperatur T g , Schmelztempera-
tur T m und Bildungsenthalpie ΔH f [20].
Tag
Gewichtsverlust
M n
M w
T g
T m
ΔH f
%
g/mol
g/mol
°C
°C
J/g
0
65.000
80.000
64
155,8
0
7
1
14.000
35.000
56,1
154,7
8
14
4
2.000
4.000
50
149,7
14
21
14
1.100
2.200
48,7
146,3
45
28
27
1.000
2.000
51,9
142,8
47
35
28
1.000
2.000
51,9
143,4
45
Ob eine häusliche oder industrielle Kompostierung von Kunststoffen (z. B. Verpackungen)
sinnvoll sein kann ist fraglich. Die Norm DIN EN 13432 fordert, dass bei 58°C innerhalb von
12 Wochen mindestens 90 % der Masse in Kohlendioxid und Biomasse umgesetzt werden
muss. Wie Bild 42 schematisch zeigt, erfolgt in der Praxis weit überwiegend eine Umwandlung
in CO 2 - weitgehend ohne energetischen Nutzen. Eine biologische Abbaubarkeit von Kunststof-
fen, die vorwiegend in kurzlebigen Anwendungen eingesetzt werden, ist aber dennoch eine
positive Eigenschaft im Hinblick auf den Schutz der Natur (siehe auch Kap. 2.3, 2.5 und 2.6).
Die Umweltverschmutzung durch Kunststoffe, die z. B. über die Flüsse ins Meer eingetragen
werden und dort dann als Formteil oder als kleine Partikel von Meereslebewesen aufgenommen
werden, würde durch die Verwendung von Polymilchsäure reduziert (siehe auch Kap. 5.1).
Allerdings ist es ebenso fraglich, inwieweit eine systematische Weiterbehandlung von Bio-
kunststoffen durch Kompostierung sinnvoll ist. Die Transformation von Kohlendioxid in Bio-
masse und die Verarbeitung der Biomasse zu Biokunststoffen, die nach ihrem werkstofflichen
Leben einer thermischen Verwertung zugeführt werden, führt unter Vernachlässigung der
energetischen Beiträge, die zur Herstellung des Biokunststoffs notwendig sind, zu einem ge-
schlossenen Kohlenstoffkreislauf. Die Überführung des Kohlenstoffs aus dem Biokunststoff in
Biomasse in Form von Kompost führt nur dann zu einem sinnvollen Kreislauf, sofern es ge-
lingt, den Biokunststoff überwiegend in Kompost und diesen wieder überwiegend in Pflan-
zenmasse zu transformieren. Genau dies ist aber gerade nicht der Fall (siehe Kap. 2.6). Insofern
ist es in erster Näherung sinnvoller, den Biokunststoff nach seinem werkstofflichen Leben
entweder - im Idealfall sortenrein - werkstofflich wiederzuverwerten oder thermisch zu ver-
 
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