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Die Stärken dieser Systeme bestehen in ihrer großen Anpassungsfähigkeit. Die ausgehärteten
Harze zeichnen sich durch große Härte, gute Wärmebeständigkeit und niedrige Rauchentwick-
lung bei Brand aus.
Nachteile liegen vor allem in der Toxikologie der Systeme. Je nach chemischer Natur des Har-
zes (Resol oder Novolak) und dem Präpolymerisationsgrad ergeben sich Gehalte an freien Mo-
nomeren, die bei Phenol bis zu 1 % und bei Formaldehyd bis zu 0,3 % betragen können [82].
Doch auch die ausgehärteten Harzsysteme sind nicht immer unkritisch. Keine Polymerisations-
reaktion ist vollständig in dem Sinne, dass alle reaktiven Stellen bzw. Monomere Bindungen
eingegangen sind. Je nach chemischer Natur der Polymerisationsreaktion (z. B. radikalische
Polymerisation, Polykondensation, Polyaddition) ergeben sich unterschiedliche Aushärtungs-
grade. Lediglich Radikalreaktionen, die photochemisch und nicht thermisch induziert sind,
führen zu sehr hohen Aushärtegraden mit geringer Freisetzung von Restmonomeren. Bei Poly-
additionen wie bei der Epoxidharzhärtung wird bei vielen Verfahren ein Nachhärteprozess
(Tempern, „post-curing“) angeschlossen, um noch unverknüpfte Bindungsstellen zur Reaktion
zu bringen. Für Anwendungen, die emissionskritisch sind (z. B. Automobilinnenraumteile und
andere) ist dies ein etabliertes Verfahren, um Emissionen zu senken.
Im Jahr 1992 wurde durch ein bekanntes deutsches Magazin die Untersuchung von Regalbret-
tern eines sehr populären Bücherregals eines großen Möbelherstellers in Auftrag gegeben. Es
fanden sich Werte, die weit über den erlaubten Grenzwerten lagen, was zur zeitweisen Entfer-
nung des Produktes aus dem Sortiment des Herstellers führte. In der Folge wurde auf die Ein-
haltung der Emissionsklasse E1 der Norm DIN EN 13986 geachtet, die die Emissionen von
Formaldehyd auf einen Grenzwert von 0,1 ppm limitiert [87]. Kritikern ist diese Emissions-
klasse nicht streng genug. Nach wie vor wird daran gearbeitet, organische Emissionen aus
Holzwerkstoffplatten (siehe folgendes Kap. 6.2.3) zu minimieren, sei es durch Optimierung der
petrochemischen Rezepturen oder durch Beimischung von biogenen Bindemitteln.
6.2.3 Plattenförmige Produkte aus Holz
In diesem Kapitel wird in einem kurzen Überblick die Technologie plattenförmiger Produkte
aus Holz vorgestellt, deren Bindemittel heute nahezu ausschließlich petrochemischer Natur
sind und zumindest grundsätzlich das Problem leichtflüchtiger organischer Emissionen (VOC)
mit sich bringen. Die chemischen Grundlagen der typischen Phenolharz-Bindemittel wurden
als Exkurs im vorangegangenen Kap. 6.2.2 vorgestellt. Dies ist wegen der großen Bedeutung
dieser petrochemischen Bindemittel bedeutsam sowie aufgrund der Vielzahl an Aktivitäten, die
darauf abzielen, Phenolharze durch biogene, emissionsarme Bindemittel abzulösen. Da z. B.
bei Spanplatten bis zu 27 % der Herstellungskosten auf die Bindemittel entfallen, sind die
Kosten für die biogenen Alternativprodukte in den meisten Fällen noch weitaus zu hoch (zitiert
nach [88]). In den jeweiligen Stoffkapiteln werden die entsprechenden Versuche zur Herstel-
lung von Holzwerkstoffplatten mit biogenen Bindemitteln diskutiert, da sie die Nachhaltigkeit
der Werkstoffe steigern, Emissionen flüchtiger organischer Bestandteile vermindern und die
Toxikologie verbessern könnten. Generell besonders vielversprechend für diesen Zweck sind
Sojaproteine (Kap. 3.3), Lignin (Kap. 6.2.1) und Tannine (Kap. 15.2).
 
 
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