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Für die Praxis wird dieser Effekt noch dadurch stark verstärkt, dass man zu den Verbindungen
zwischen den Molekülketten, die aufgrund von Knäuelbildung vorliegen, eine chemische Ver-
netzung und damit kovalente Bindungen zwischen den Molekülketten einführt. Dies geschieht
mittels des von C. N. Goodyear entwickelten Vulkanisations-Verfahrens für das 1844 ein Pa-
tent erteilt worden ist [13]. Bei der Vulkanisation wird Naturkautschuk mit elementarem
Schwefel dreidimensional vernetzt, in dem Disulfidbrücken an den Kohlenstoff-Kohlenstoff-
Doppelbindungen der Isopren-Grundstruktur gebildet werden (siehe Bild 215). Heute kommen
dazu neben Schwefel auch Vulkanisationsbeschleuniger wie Xanthogenate und Aktivatoren
wie Bleioxid (PbO) und Zinkoxid (ZnO) zum Einsatz. Weiterhin wird Stearinsäure zugesetzt,
als Füllstoffe können Kreide und Kaolin (Aluminiumsilikat) verwendet werden, als Weichma-
cher dient Mineralöl und als Alterungsschutzmittel Antioxidantien wie sekundäre aromatische
Amine. Als Ermüdungsschutzmittel wird p-Phenylendiamin eingesetzt [2].
Bild 215 Unter Vulkanisation versteht man die Quervernetzung der 1,4-cis-Polyisopren-Ketten mit ele-
mentarem Schwefel. Die dreidimensionale Vernetzung überführt das thermoplastische Material in ein
Elastomer (Darstellung nach [14]).
Durch die Vulkanisation, d. h. die chemische Quervernetzung der Ketten miteinander, wird der
Effekt der Dehnungskristallisation noch verstärkt, was für die Hauptanwendung von Kautschuk
in Form von Reifen eine große Rolle spielt. Ebenfalls von großer Bedeutung ist, dass - wie
auch beim nicht-vulkanisierten Kautschuk - im Zug-Dehnungs-Diagramm die Kurven für
Belastung und Entlastung nicht zusammenliegen, d. h. man beobachtet eine Hysterese (siehe
Bild 216) [2], [15]. Der Flächeninhalt der Hystereseschleife, d. h. die Fläche zwischen der
Dehnungskurve und der Entlastungskurve, entspricht einer Energie oder Arbeit, die durch die
Dehnung und innere Reibung im Material in Wärme umgewandelt und dissipiert wird. In allen
Anwendungen, die einer dynamischen Belastung unterliegen, muss diese Wärmeenergie in der
Anwendung vom Material dissipiert, d. h. weitergeleitet werden, wenn es nicht zum lokalen
Überhitzen des Materials und einer sogenannten „inneren Verbrennung“ kommen soll. Natur-
kautschuk ist hier den künstlichen Alternativmaterialien überlegen, da die Hysterese-Effekte
klein sind, d. h. vergleichsweise wenig innere Wärme entsteht, die abgeleitet werden muss
bzw. die Wärmeableitung gut erfolgt [2].
 
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