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bindungen bestünde) nur ca. drei bis vier Moleküle miteinander verknüpft. Da beide Moleküle
mehrere funktionelle Gruppen beinhalten (Alkohol- und Säuregruppen) können sich dreidi-
mensionale Netzwerke ausbilden wie sie für Duroplaste typisch sind (siehe Bild 35). Die Här-
tung kann unter Wärmeeinfluss in Substanz erfolgen, d. h. ohne weitere Zuschlagstoffe, oder in
der Kälte durch Zugabe von 2 % Harnstoff als Vernetzungsmittel. Ungebleichter Schellack
polymerisiert in Form einer Polykondensation auf einer Zeitskala von Jahren; gebleichter
Schellack innerhalb einiger Monate, was durch Wärmeeinwirkung beschleunigt werden kann
[46]. Schellack ist durch die polaren funktionellen Gruppen gut löslich in Alkoholen, organi-
schen Säuren und wässrigen Laugen allerdings weniger in apolaren Lösungsmitteln wie Koh-
lenwasserstoffen. Der Schmelzpunkt des natürlichen, ungehärteten Schellacks liegt zwischen
65°C und 85°C [5].
Auch Schellack besitzt wie viele biogene Stoffe ein bemerkenswertes und vielfältiges Eigen-
schaftsprofil. Schellack bildet leicht Filme, die sich durch Glanz, Oberflächenhärte, Abriebfes-
tigkeit, Zähigkeit, gute Haftung und gute UV-Beständigkeit auszeichnen. Weiterhin besitzt
Schellack eine gute Verträglichkeit mit anderen Substraten [5], eine Eigenschaft, die sonst vor
allem von Epoxidharzen (petrochemischen Ursprungs) bekannt ist [48], [49]. Schellack ist gut
mischbar mit anderen Polymeren und Additiven. Außerdem ist Schellack ein guter Isolator und
in ungebleichter Form physiologisch unbedenklich (siehe Anwendungen ).
Durch die dreidimensionale Vernetzung eignet sich Schellack auch als Matrix-Material für
duroplastische Verbundwerkstoffe. Schon 1935 wurde ein Patent erteilt für einen Verbund-
werkstoff aus Asbestfasern und Schellack, der mit Phthalsäureanhydrid gehärtet wurde [50].
Tatsächlich industriell genutzt werden biogene Verbundwerkstoffe auf Basis von Lignin und
Naturfasern, bei denen Schellack als Zuschlagsstoff mit einem Anteil von z. B. 5 % zum Ein-
satz kommt [51] (siehe Kap. 6.2.1). Diese Materialien sind für die Verarbeitung im Spritzgieß-
verfahren [52], [53] geeignet. Aber auch flächenförmige, naturfaserverstärkte Halbzeuge mit
Schellack-Matrix, die für die Verarbeitung im Formpressen oder Fließpressen geeignet sind,
wurden untersucht [54].
Anwendungen
Wie bei jedem Werkstoff prädestiniert das Eigenschaftsprofil für bestimmte Anwendungen.
Die guten filmbildenden Eigenschaften in Verbindung mit Glanz, Härte, Abriebfestigkeit und
ggf. Lebensmitteltauglichkeit führen dazu, dass Schellack (Lebensmittelzusatzstoff E904 [55])
in einer Vielzahl von Anwendungen eingesetzt wird, die dieser Eigenschaften bedürfen. Dies
sind beispielsweise magensaftresistente Tabletten, Kapseln, Haarspray, Nagellack, Holzlack
z. B. für Musikinstrumente, Papierlack z. B. für Isolationspapiere, Beschichtungen, Druckfar-
ben, Eierfarben, Möbelpolituren, Lederappreturen und Produkte für die Bodenpflege [5], [21],
[45], [46], [56].
Das bis 1960 wichtigste Produkt, die Schellackplatte, wurde zunächst durch petrochemische
Materialien (die „Vinylplatte“ aus Vinylacetat [57]) verdrängt und dann schließlich durch das
grundsätzlich neue Produkt Compact Disc (CD) abgelöst. Heute sind Haarsprays und verwand-
te Produkte das wichtigste Anwendungsfeld mit mehr als 50 % des gesamten Schellack-
Verbrauchs [46].
Laccainsäure kann als Farbstoff in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie eingesetzt werden
und Schellackwachs als Additiv in Lippenstiften, als Poliermittel für Schuhe, Autos und Bo-
denbeläge, als Beschichtung für Lebensmittel und Tabletten und als Verdickungsmittel in
Backwaren [5].
 
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