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henden Sulfitablaugen bestehen zu 12-16 % aus Trockensubstanz, wovon ca. 70 % Ligninsul-
fonsäure sind. Durch die im Vergleich mit dem Sulfatverfahren milderen Bedingungen werden
Ligninsulfonate mit Molmassen von 500-50.000g/mol (bei Nadelhölzern) und 500-
10.000 g/mol (bei Laubhölzern) erhalten. Der Rest besteht aus Mannose und anderen Zuckern
aus den Hemicellulosen (siehe Kap. 4.2). Die Eigenschaften des Zellstoffs ergeben sich als
Konsequenz der gewählten Prozessführung, der Agenzien und insbesondere des eingestellten
pH-Wertes (siehe Tabelle 39).
Das Sulfatverfahren oder Kraft-Verfahren ist dasjenige, das außerhalb der Bundesrepublik
Deutschland überwiegend angewendet wird. Bei diesem Prozess liegen drastischere Bedingun-
gen vor, so dass das Lignin stärker abgebaut wird. Hackschnitzel werden bei 170°C-190°C in 1
molarer (1 M) Natronlauge (NaOH) und 0,2 m Natriumsulfid (Na 2 S) für 4-6 Stunden gekocht,
wobei das Lignin als Alkali-Lignin in Lösung geht und sich die sogenannte Schwarzlauge bil-
det. Diese wird vom verbleibenden Zellstoff abgepresst. Vorteile des Verfahrens sind, dass
damit alle Holzarten aufgeschlossen werden können und die Qualität der Hackschnitzel niedri-
ger sein kann. Nachteilig ist, dass sich der so gewonnene Zellstoff schlechter bleichen lässt und
die entstehenden Schwefelverbindungen eine Geruchsbelästigung für Anwohner darstellen,
weswegen die Produktionsstätten oft in dünn besiedelten Gebieten zu finden sind [2], [13], [40].
Eine detaillierte Darstellung der beiden komplexen Verfahren findet sich in [44].
Bei Sulfit- und Sulfatverfahren werden die herausgelösten Holzbestandteile nach der Extrak-
tion durch Eindampfen zurückgewonnen und überwiegend einer thermischen Verwertung zu-
geführt. Weltweit beträgt die Menge dieses überwiegend aus Lignin bestehenden Stoffstroms
ca. 50 Millionen Tonnen [13]. Eine stoffliche Verwertung findet nur in geringem Umfang statt:
Furfural kann als Ausgangsstoff für weitere Produkte gewonnen werden (siehe Kap. 13 Poly-
furfurylalkohol) und Lignin als Rohstoff für Biokunststoff-Mischungen verwendet werden
(siehe Kap. 6.2.1 Lignin).
Die hohen Investitionskosten für Zellstofffabriken von 1.500-2.000 € pro Tonne Jahreskapazi-
tät [44] sowie steigende Umweltanforderungen haben zur Entwicklung neuer Verfahren ge-
führt, die z. B. organische Lösungsmittel nutzen („Organosolv“). Bei diesen Verfahren wird
versucht, die Vorteile von Sulfat- und Sulfitverfahren zu vereinen und somit die Verwendbar-
keit eines breiten Rohstoffspektrums und gute mechanische Eigenschaften mit leichter Bleich-
barkeit und Flexibilität hinsichtlich der Zellstoffsorten zu verbinden. Hierzu werden verschie-
dene chemische Strategien verfolgt und z. B. Natronlauge-Aufschlüsse mit der Behandlung
durch organische Lösungsmittel wie Methanol verknüpft sowie eine Behandlung mit starker
Mineralsäure (Salzsäure/Schwefelsäure) in Essigsäure als Lösungsmittel versucht [40]. Neben
besserer Ökonomie und auch Ökologie z. B. durch chlorfreie Bleichmittel ist immer das Ziel,
hochfeste Zellstoffe mit niedrigem Ligningehalt aus allen Substrate zu erzeugen und gleichzei-
tig eine gute Bleichbarkeit des Zellstoffs sowie einen stofflichen verwertbaren Reststoffstrom
zu erhalten [44].
Nach allen Prozessen werden gelöste Holzbestandteile herausgewaschen, die Materialien sor-
tiert und ggf. gebleicht. Dies ist notwendig, da sowohl aus Qualitäts- als auch Kostengründen
immer Lignin-Reste im Zellstoff verbleiben. Wichtige Verfahren und Kernparameter der erhal-
tenen Zellstoffe zeigt Tabelle 39.
 
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