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Bild 110 Strukturelle Hierarchie bei Cellulose. Die langgestreckte Struktur der Ketten aus β-(1,4)-
glykosidisch verbundenen Glucose-Einheiten führt zu einer Parallelanordnung, die dadurch Micellen mit
kristallinem Charakter ausbilden. Viele Ketten bilden zusammen Mikrofibrillen, Gruppen von diesen
wiederum Makrofibrillen, die sowohl in intrazellulären Kompartimenten als auch in der Zellwand vor-
kommen.
Da die Celluloseketten nicht durch kovalente Bindungen miteinander verbunden sind, ist die
Cellulose trotz der grundsätzlich großen Stabilität und der intra- und interchenaren Wasser-
stoffbrücken in einigen Lösungsmitteln löslich [13]. Dadurch werden bestimmte industrielle
stoffliche Anwendungen wie das Viskoseverfahren (siehe Kap. 4.1.2) in der etablierten Weise
erst möglich. In der Natur kann der Abbau von Cellulose, vor allem wenn sie in Form von
Lignocellulose mit Lignin vergesellschaftet vorliegt, nur von wenigen Spezies bewerkstelligt
werden. Zum Celluloseabbau sind z. B. Braunfäulepilze (z. B. Coniophora , Serpula ) befähigt,
die Cellulose abbauen können und das braune Lignin zurücklassen. Weißfäulepilze (z. B. Ba-
sidiomycota ) sind in der Lage, das Lignin (zusammen mit Cellulose) abzubauen und bevorzugt
die weiße Cellulose zurückzulassen [18], [24], [25].
Weiterhin können Wiederkäuer in ihrem Verdauungstrakt Cellulose aufschließen sowie Termi-
ten, in deren Verdauungssystem Protozoen assimiliert sind und einen Cellulose-Aufschluss
leisten können [3]. Der Aufschluss von Cellulose mit Enzymen aus dem Termitendarm oder
mittels sogenannter Designer-Enzymkomplexe wird in Grundlagenforschungsprojekten unter-
sucht [26], [27]. Dies wäre z. B. für die Energiegewinnung mittels Biogasanlagen von großer
Bedeutung, da heute nur begrenzte Mengen an Lignocellulosematerial zugeführt werden kön-
nen. Noch weiter gehen Arbeiten, die zum Ziel haben, Spezies zu generieren, die einen Multi-
Enzym-Komplex („Cellulosom“) erzeugen, der dann nicht nur Cellulose, sondern auch Lignin
und andere Substrate optimal aufschließen könnte und zielgerichtet in gewünschte chemische
Grundsubstanzen umwandeln würde [28] (siehe Kap. 1.5 Bioraffinerien).
 
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