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Aus sterischen Gründen ist es bedeutsam, dass sich an jeder dritten Aminosäureposition Glycin
befindet (zur Häufigkeit der Aminosäuren siehe Tabelle 10), da nur Glycin mit dem kleinsten
Substituenten (R = Wasserstoff, siehe Bild 62) in den Innenraum der helikalen Struktur passt.
Die Sequenz in den
2-Ketten ist (Gly-X-Y) n wobei n ungefähr 350 beträgt und X
häufig Prolin und Y häufig Hydroxyprolin entspricht. Der Glycin-Anteil ist wesentlich höher
als bei den meisten Proteinen, z. B. besitzt Hämoglobin nur ca. 5 % Glycin. Diese ungewöhnli-
che Aminosäurenzusammensetzung und -sequenz mit Glycin an ungefähr jeder dritten Position
in der Kette ist für die Molekülstruktur (dicht gepackte Tripelhelix) von großer Bedeutung. Sie
ermöglicht beim Kollagen auf molekularer Ebene erst die Ausbildung der Tripelhelices und auf
meso- bzw. makroskopischer Ebene die vielschichtige strukturelle Hierarchie (siehe Bild 64).
Die nicht-helikalen Telopeptide können bei Transplantationen Immunreaktionen auslösen. Sie
können jedoch enzymatisch abgespalten werden, um Abstoßungsreaktionen zu unterdrücken.
α
1- und
α
Bild 65 Im Elektronenmikroskop zeigt sich, nach Bedampfen mit Chrom, die in Bild 64 gezeigte Periodi-
zität durch die Verschiebung der Tropokollagenmoleküle zueinander [2].
Die Tropokollagenmoleküle ordnen sich aufgrund ihrer langgestreckten Struktur parallel zuei-
nander an und sind dabei aber 68 nm gegeneinander versetzt (siehe Bild 64 und Bild 65). Be-
nachbarte Moleküle sind 40 nm voneinander entfernt, bilden somit Lücken aus, wie in Bild 64
und Bild 66 dargestellt. Auf dieser strukturellen Hierarchieebene beginnt bei Knochen die
Ausbildung von Mikrocomposites durch die Einlagerung von Hydroxylapatit in den Zwischen-
räumen der Kollagenmoleküle [13], [14], [15]. Die gegeneinander versetzten und so minera-
lisch verstärkten Moleküle lagern sich im Bindegewebe zunächst zu Mikrofibrillen und dann
zu Fibrillen von einer Größe von 200-500 nm zusammen. Fibrillenbündel bilden wiederum
Elementarfasern, die sich zu Fasern oder Faserbündeln zusammenlagern und schließlich das
Corium bilden, wie es in Bild 66 dargestellt ist. Man kann demnach, wie bei Wolle (Kap. 3.6)
und bei Chitin (Kap. 4.3), von einer komplexen strukturellen Hierarchie sprechen; d. h. struktu-
relle Ordnungsprinzipien, die auf verschiedenen Größenskalen vorliegen. Durch dieses Prinzip
kleiner struktureller Variationen auf verschiedenen hierarchischen Stufen kann bei gleicher
chemischer Grundzusammensetzung eine feine Abstufung der Eigenschaften des biogenen
Materials erreicht werden und somit eine perfekte, maßgeschneiderte Anpassung an den Ein-
satzzweck in der belebten Natur. Dieses Variationsprinzip wird nicht nur bei Proteinen sondern
auch bei Polysacchariden und anderen, monomeren Naturstoffen beobachtet. Auch für die
werkstoffliche Nutzung des Kollagens sind kleine Variationen des gleichen Grundprinzips
 
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