Geography Reference
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liche Praxis im Sinne der Gleichzeitigkeit von Produktion und Konsumtion bzw.
Nutzung ganz selbstverständlich umsetzt. Damit lassen die Transformationspro-
zesse in der Neo-Geo-Praxis die (konstruktivistische) sozialgeographische Theo-
rie gewissermaßen als überholt erscheinen. Alltägliches Geographie-Machen
wäre in der Konsequenz kein kritisch-reflektorischer Einwand mehr, sondern
selbstverständlicher Mainstream.
Inwiefern aber stellen Nutzung und Nutzbarkeit tatsächlich neue, „angewand-
te“ Paradigmen dar, welche die kritischen Raum- und Bildtheorien obsolet ma-
chen, weil sie diese konsequent verwirklichen? Werden durch diese pragmati-
sche Wendung nicht viel eher technik-orientierte Anwender erzeugt, die den
Implikationen ihres „Geographie-Machens“ indifferent gegenüberstehen und
damit umso mehr kritisch-reflexiver Anleitung bedürfen? Macht es diese Ent-
wicklung nicht umso schwerer, die gerade erst in der Bildungsprogrammatik
angekommene kritisch-reflexive Denkart zur alltäglichen und wissenschaftlichen
Raumkonstruktion weiterzuführen und zu konsolidieren? Diese Fragen werden
anhand der Darstellung sowohl der „schönen Aussichten“ als auch der „Schat-
tenseiten“ der skizzierten Entwicklungstrends diskutiert, wobei mit dieser Meta-
phorik sowohl auf die Perspektivität als auch auf die prinzipielle Veränderlich-
keit des hier konstatierten Zustands hingewiesen sei. Am Ende will ich gezeigt
haben, warum insbesondere die Bildtheorie als wichtiges Instrument für die
kritische Betrachtung nunmehr vermeintlich herrschaftsfreier Bildproduktion im
web2.0 unverzichtbar ist. Abschließend geht es um die Frage, welche Konse-
quenzen sich aus meiner Betrachtung für den Umgang mit den neuen Geomedien
im Sinne einer „mündigen Raumaneignung“ (Daum 2006) ergeben, für den Bil-
dungsbereich im Allgemeinen und den praktischen Unterricht mit diesen Medien
im Besonderen.
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Visuelle Geographien: Vom Bildgebrauch zur Bildkritik
Visualisierungen in Kartographie und GIS, Fotografie und Fernerkundung er-
möglichen im praktischen Umgang Orientierung, Organisation und Koordination
von Handlungen. Sie sind die Standardmedien geographischer Vermittlung und
dienen seit ihren Anfängen einer geographischen Praxis, die sich auf reale Zu-
stände der Welt und des Raumes bezieht. Ihr wissenschaftlicher oder, etwas
schwächer, propädeutischer Anspruch ist die exakte Abbildung räumlicher
Sachverhalte.
Seit einigen Jahren wächst nun aber das Interesse an einer andersartigen Be-
trachtung von Bildlichkeit und der Rolle von Visualität im Zusammenhang von
Gesellschaft und Raum. Unter dem Stichwort „ visual turn“ (Rose 2003; Thornes
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