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aber nicht nur, dass der Rückgriff auf ein analoges Medium zur Konservierung
digitaler Informationen erfolgt, sondern, dass auch auf der Ebene der Medialität
ein Schritt zurückgegangen wird: Es werden ja nicht die Websites in ihrer vom
Menschen lesbaren Form gespeichert, sondern die Mobilität der Schrift wird in
einen statischen Zustand überführt − eben in ein Bild des Codes. ‚Bild' meine
ich hier nicht nur in dem Sinne, dass das Bild (in diesem Fall ein 2D-Barcode)
die Repräsentation einer Datei oder eines Programms ist, sondern ich meine
damit, dass ein Rezipient die archivierte Information ohne Hilfsmittel auch nur
als Bild betrachten kann (das im Fall des Barcodes als ein Stereogramm er-
scheint). Der medialen Form der Speicherung kommt damit also eine andere
Räumlichkeit zu als der Schrift, die darin gespeichert ist. (Ein Aspekt, den auch
Foucault berücksichtigt, wenn er etwa auf die räumliche Verteilung von Informa-
tion auf Lochkarten hinweist.)
Freilich kann auch Bildern eine lineare Räumlichkeit auf der Ebene der Me-
dialität zukommen: Zu denken ist etwa an ägyptische Reliefs, die den Ablauf
einer Zeremonie aufzeigen, oder an den Comic und Bildgeschichten im Allge-
meinen. Ferner kann ein Bild eine tiefe Räumlichkeit aufweisen, wie dies bei
einem zentralperspektivischen Bild (vor allem des Barocks) der Fall ist. Die
Medialität des Bildes blieb lange zwischen diesen beiden Formmöglichkeiten
eingespannt, die der Kunsttheoretiker Heinrich Wölfflin (1915) das Spektrum
von ‚flachem' und ‚tiefem' Bildraum nannte. Erst das Filmbild, mit dem nach
Foucault die doppelte Räumlichkeit oder Heterotopie der Medien augenfällig
wird, erweitert dieses Spektrum des Standbildes und hebt es gleichfalls auf eine
neue Stufe. Der Grund ist, wie gesagt, aber ein anderer als derjenige, den
Foucault nennt, da das Zugleich-Sein im Raum vor dem Bild und im Raum der
Bilderscheinung bereits auch auf statische Bildwerke zutrifft.
Der Raum, den das Filmbild, ungeachtet seines Inhalts oder dargestellter Or-
te, präsentiert ist vielmehr ein Bewegungsraum. Im Filmbild wird daher nicht nur
auf das Formenrepertoire der Malerei zurückgegriffen, sondern durch die wahr-
nehmbare Bewegung der Bilderscheinung wird das Verhältnis zwischen Innen
und Außen des Bildes, das durch den Rahmen definiert ist, zu einem Moment
des Bildraums selbst. Sowohl die sich bewegenden Bildobjekte als auch der
Bildausschnitt im Ganzen kann die Grenze zu dem nach Noël Burch (1981)
sogenannten Offscreen-Space überschreiten. Die systematische Trennung zwi-
schen Stand- und Bewegungsbild ist historisch jedoch nicht derart abrupt. So
gibt es zahlreiche Überlappungsphänomene, welche diesen Medienwandel be-
gleiten: Eine Überschreitung hin zum Off der Bilderscheinung kann bei einem
statischen Bild etwa durch einen in das Bild gemalten Rahmen angedeutet wer-
den; und bewegliche Panoramen, wie sie in der ersten Hälfte des 19. Jahrhun-
derts in Mode kamen, erlaubten eine Rollpräsentation, wobei der Bildraum aus
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