Geography Reference
In-Depth Information
dadurch, dass die Bildproduktion notwendig auf sein Kunsthandwerk bezogen
ist, wird durch diese offenkundige Präsenz des Malers darauf hingewiesen, dass
es im Bild nicht um die Wiedergabe oder Verdoppelung äußerer Dinge oder
Personen geht. Das Bild vermittelt vielmehr zwischen dem Blick des Künstlers
und dem Blick des Betrachters. Bilder treten als Drittes dazwischen und übertra-
gen etwas, das sich dem unmittelbaren Zugriff verweigert. In das Bild ist das
implizite Wissen des Malers als Spur eingeschrieben. Oder anders gesagt: Der
Maler legt seinen Blick im Bild nieder. Die Materialisierung „durch den Künstler
ist ein souveräner Akt, der schafft und findet, was er zeigen kann, indem er es
tut.“ (Boehm 1994: 25) Das Wahrgenommene ist also nicht unmittelbar sichtbar,
vielmehr teilt es sich dem Betrachter mit. Diese Mitteilung formiert sich in ei-
nem Medium, in einem Dritten, das sich zwischen Gegenstand und Betrachter
schiebt und in seiner Gestaltung bzw. Inszenierung etwas zur Ansicht gibt.
Neben der ästhetischen Dimension, die der Produktion des Bildes immanent
ist, gibt es die ästhetische Dimension aufseiten des Auges / des Betrachters vor
dem Bild. Der Totenkopf, den man nur aus einem bestimmten Winkel heraus
sieht, macht aufmerksam auf die Tatsache, dass es nicht das Bild ist, das sehend
macht, sondern dass der Anblick des Bildes auf den Blickwinkel des Betrachters
verwiesen ist. Der Totenschädel tritt dem Betrachter plötzlich gegenüber. Das
augenblickliche Sehen ist aus einem bestimmten Blickwinkel heraus plötzlich
unvermeidbar und hat Ereignischarakter. Hier wird deutlich, dass die bildliche
Logik - im Gegensatz zur argumentativen auf Richtigkeits- und Wahrheitseffek-
te gekennzeichneten diskursiven Logik - in der Erfahrung von Evidenz gründet
(vgl. Heßler; Mersch, 2009: 29).
Vorerst lässt sich festhalten, dass es in der Auseinandersetzung mit der Bil-
derfahrung weniger um das Bild an sich geht, als vielmehr um ein Verhältnis,
das sich zwischen dem Bild und dem Betrachter bildet und umbildet, es geht um
den Akt der Bilderfahrung selbst. Die Bilderfahrung ist auf einen Blick verwie-
sen, einen Blick nicht als subjektiven Sehakt, sondern als Sehereignis. Damit
verschiebt sich die Frage, WAS ein Bild ist, hin zu der Frage, WIE das Bild als
Ort unserer Erfahrung fungiert. Mit dieser Verschiebung des Erkenntnisinteres-
ses folge ich einer zeitgenössisch phänomenologischen Spur der Bildlogik, wie
sie u. a. durch Bernhard Waldenfels unter Rückgriff u. a. auf Max Imdahl aus-
buchstabiert wurde (vgl. Waldenfels 2010: 1-148).
2
Neuartiges Sehen
Mit Max Imdahl lassen sich zwei Ordnungen des Sichtbaren unterscheiden, das
wiedererkennende Sehen und sehende Sehen (vgl. Imdahl1980; Waldenfels
Search WWH ::




Custom Search