Geography Reference
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Visuelle Logik und geographische Bildung
Mirka Dickel
Die technischen Novitäten der Entwickler der Neuen Medien, die das Zusam-
menspiel zwischen der Sinnlichkeit der Nutzer und den visuellen, auditiven und
taktilen Signalen virtueller Realitäten immer weiter perfektionieren, verändern
unser Leben tiefgreifend. Die Computerspielindustrie lädt in verschiedenen
Formaten zur Immersion in den virtuellen Raum ein, gar zur Verschmelzung von
eigenleiblichem Spüren und simulierter Bewegungsoptik z. B. durch Kopfhelme
und Brustgurte (vgl. Böhme / Matussek 2008: 93). Und in vielen Bereichen des
täglichen Lebens reicht das Virtuelle nicht nur nah an den analogen Raum heran,
vielmehr durchdringt und durchwirkt die virtuelle Sphäre den gelebten Raum,
z. B. bei Location Based Services am Smartphone, beim Geo-Cashing oder im
Umgang mit Navigationssystemen. Die heuristische Praxis, die virtuellen Welten
der neuen Medien als unwirklich und künstlich zu betrachten und als Gegensatz
zu einer analogen und originalen Welt zu begreifen, wird damit obsolet (vgl.
Dickel / Jahnke 2012).
Allerdings begründet die aktuelle Medientheorie die Auflösung der Trennung
zwischen originaler bzw. analoger und digitaler bzw. künstlicher Welt anders als
dies noch die Theoriebezüge des zeitgenössischen Postmodernismus taten. Im
poststrukturalistischen Theoriespektrum ging man davon aus, dass Wirklichkeit
sich sprachlich konstituiert. Dieser Annahme liegt die Unterscheidung zwischen
Medium und Subjekt zugrunde. Diese ist einer in der dominanten Wissen-
schaftskultur üblichen Gegenüberstellung geschuldet, der Gegenüberstellung von
konstruktivistischen und objektivistischen erkenntnistheoretischen Positionen,
wie sie der cartesianischen Subjekt-Objekt Spaltung erwächst. Die aktuelle Me-
dientheorie hält die Trennung zwischen Subjektivem und Medialem nicht auf-
recht. Vielmehr geht sie davon aus, dass es sich bei Materie und Sinn um zwei
Seiten derselben Medaille handelt. Wer Gegenständlichkeit erfahren will, muss
sowohl damit rechnen, dass sich das, was als Gegenständliches hervorgebracht
wird, mit der Zeit verändert, als auch damit, dass er selbst im Zuge der Ausei-
nandersetzung mit dem Gegenstand nicht der gleiche bleibt.
Um deutlich zu machen, dass es an der Zeit ist, die Gegenständlichkeit der
Welt auf neue Weise sehen zu lernen, ist häufig die Rede vom „Fremdwerden“,
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