Geography Reference
In-Depth Information
Im Vorüberfahren erstellt so der Schwarm der App-Nutzer eine aktuelle Karte,
mit der Folge, dass die nicht befahrenen Straßen auch nicht verzeichnet sind.
Diejenigen, die eine solche Anwendung als Navigationssystem nutzen, können
somit nur solchen Spuren folgen, die andere bereits beschritten haben. Sobald sie
die eingefahren Wege verlassen, werden die User selbst zum Vermesser eines
neuen Territoriums. Da dieses Medium durch die Häufigkeit seiner Nutzung an
Akkuratheit und Funktionalität gewinnt, offeriert das System zudem Incentives
(Bonus-Punkte), um neue Wege oder alte Wege erneut zu befahren.
Die einzelnen Waze -Wege sind somit Spuren von Subjektivitäten und mar-
kieren damit „the inner sanctum where social sciences had to stopp“ (Latour
2007a: 3). Waze könnte daher die Metapher für eine Sicht sein, die Latours War-
nungen ernst genommen hat: eine Karte, die die Differenz zum Territorium ver-
ringert, wenn nicht sogar aufgelöst hat. Doch ist dies tatsächlich der Fall? Hierzu
ist zunächst ein Blick hinter die Fassade notwendig. Wie entstehen die vermeint-
lichen Echtzeit-Karten?
2.2 Punkte
Wie anhand der Abbildung 3 zu erkennen ist, wird durch das Tracking mittels
GPS noch nicht eine bereits zurückgelegte Wegstrecke aufgenommen und darge-
stellt, sondern es werden vielmehr einzelne Koordinaten - sogenannte ‚GPS-
Punkte' - in eine Karte eingeschrieben. Da es sich hierbei um eine kollaborative
Medienpraxis der Kartengenerierung handelt, ist es sogar jedem App-Nutzer
(wenn auch anonymisiert) möglich, sämtliche GPS-Tracks der anderen Wazer zu
verfolgen. 5
Mit dem Zusatzprogramm Cartouche können die einzelnen aufgezeichneten
Wegstrecken editiert und zu kartographischen Zeichen (verschiedenen Straßen-
typen, Points of Interest , Hausnummern entlang einer Strecke etc.) geformt wer-
den. Die Abbildung 3 zeigt die einzelnen GPS-Punkte als Pfeile, die je nach
Farbe einen anderen App-Nutzer markieren. Das Menü erlaubt aber auch die
‚reine' Darstellung als Geopunkte. Die Pfeil-Ansicht markiert hier schon einen
weiteren Verarbeitungsschritt der gewonnenen GPS-Daten. Es wird nicht nur
angezeigt, wo man ist, sondern auch, wo man gewesen ist und wohin man gelan-
gen wird. Die einzelnen farblich markierten Geopunkte verweisen somit bereits
auf einen Weg, der dem einzelnen GPS-Punkt allein so nicht zu entnehmen ist.
5 Diese Möglichkeit wurde ab Mitte 2010 eingeschränkt: „You should not be able to see gps points
on the gps-points layer, from the first or last 500 meters of anyone's drives (in your personal archive
this data is still available on your own drives)“, schreibt hierzu Waze -Mitarbeiter Sagi Hed (2010).
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